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Der F.C. Hansa muss nach oben

Folge 130 der nd-Serie Ostkurve: Rostocks neuer Sportchef Markus Thiele über Möglichkeit und Zwang des Aufstiegs

Nach vielen Jahren beim VfR Aalen sind Sie als neuer Sportvorstand im Dezember nach Rostock gekommen. Nach dem Wechsel hatten Sie gesagt, zu einem anderen Drittligisten wären Sie nicht gegangen. Was hat sie am F.C. Hansa gereizt?

Ich sehe Hansa Rostock als den größten Drittligisten. Das Stadion, die Strukturen und die Fankultur sind tolle Voraussetzungen, mit denen es Spaß macht zu arbeiten.

Markus Thiele

Markus Thiele ist ein heimatverbundener Mensch. Der 36-Jährige ist in Aalen geboren, spielte beim dortigen VfR als Torwart erst selbst Fußball, bevor er in verschiedenen Funktionen für den Verein tätig war, zuletzt als Sportchef des Drittligisten. Im Dezember folgte er dann aber dem Ruf aus Rostock. »Es macht sehr viel Spaß«, sagt er über seine ersten Tage als Sportvorstand des F.C. Hansa. Für »nd« sprach er mit Alexander Ludewig über die veränderte Wahrnehmung des Klubs, der für ihn der größte aller Drittligisten ist, erste Veränderungen unter ihm im Verein, Aufstiegsdruck und warum der Wechsel auch eine Chance für ihn selbst ist.

Foto: imago/Oliver Ruhnke

Aalen ist ein vergleichsweise kleiner Klub, Hansa also eine neue, große Herausforderung für Sie. Sehen Sie Rostock auch als Chance, sich persönlich weiterzuentwickeln?

Absolut. Klar ist das für mich auch die Chance, selber den nächsten Schritt zu machen. Deswegen reizt mich die Aufgabe ja auch, weil ich bei entsprechend guter Arbeit bei so einem Verein natürlich noch mal ganz anders wahrgenommen werde. Hansa bietet eine interessante Perspektive, das gilt auch für viele Spieler.

Ein Grund für Ihren Wechsel war, dass der F.C. Hansa die Weichen in die richtige Richtung gestellt habe. Was meinen Sie damit genau?

Es gibt wieder klare Strukturen im Verein. Man spürt, dass die Vereinsführung mehr und mehr an Vertrauen zurückgewinnt, das mit einigen Negativschlagzeilen etwas verloren gegangen war. Vor zwei, drei Jahren, wusste man im Verein vielleicht nicht so genau, wie es weitergehen sollte. Jetzt hat Hansa das Tal der Tränen durchschritten und man kann wieder in Ruhe etwas aufbauen.

Den VfR Aalen haben Sie erfolgreich durch ein Insolvenzverfahren geführt, der Verein ist wirtschaftlich wieder gesund. Der F.C. Hansa hatte und hat auch finanzielle Probleme. Waren ihre diesbezüglichen Erfahrungen auch ein Grund, Sie nach Rostock zu holen?

Das müssen Sie diejenigen fragen, die mich geholt haben. Ich bin als Vorstand Sport bei Hansa für den Sport zuständig. Im Vorstand sind wir zu dritt, die Kompetenzen sind klar abgesteckt. Ich vertraue meinen beiden Kollegen Robert Marien und Christian Hüneburg und ihren Fähigkeiten, so wie sie meinen Fähigkeiten im sportlichen Bereich vertrauen.

Hansa spielt die insgesamt siebte Saison in der 3. Liga. In dieser Spielzeit wird vom Umsatz das beste Drittligaergebnis erwartet. Dennoch plant der Verein mit einem Minus von mehr als zwei Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die Schulden schon auf 17 Millionen Euro. Macht Ihnen das Sorgen?

Nein, weil es einen klaren Plan gibt. Und der planmäßige Etat für diese Saison wird eingehalten. Grundsätzlich ist es aber für Hansa schwierig, in der dritten Liga die Schwarze Null hinzubekommen. Dafür ist der Verein zu groß für diese Liga.

Was bedeutet das?

Wir haben 12 000 Mitglieder und den zweitgrößten Zuschauerschnitt in der Liga. Das ist schön und ein Zeichen der Kraft dieses Vereins. Wir haben aber auch ein eigenes Stadion für 30 000 Zuschauer, die Infrastruktur drum herum oder das Nachwuchsleistungszentrum. Wenn man das alles aufrecht erhalten und eine schwarze Null schreiben möchte, dann muss man nach oben. In der dritten Liga kann solch ein Apparat auf Dauer nicht funktionieren.

Bevor Sie zu Hansa gekommen sind, haben Sie sicherlich die Situation des Verein analysiert. Was lief aus Ihrer Sicht im Rückblick falsch?

Als Verantwortlicher für den Sport kann ich sagen, dass nicht nur der sportliche Bereich unter seinen Möglichkeiten geblieben ist. Aber so ist es meist, es muss immer das Gesamtpaket stimmen. Wenn Hansa Rostock jetzt wieder erfolgreicher sein sollte, läge es eben auch nicht nur am sportlichen Bereich.

Gab es nach Ihrer Ankunft etwas, was sie sofort ändern wollten oder schon geändert haben?

Ja, es gab schon das ein oder andere, wo wir gleich den Hebel angesetzt haben. Aber nicht weil es in der Vergangenheit unbedingt schlecht war oder falsch gemacht wurde, sondern weil der Trainer und ich einen anderen Ansatz gefunden haben. So werden wir uns zum Beispiel im Scoutingbereich im kommenden Monat neu aufstellen

Was heißt das konkret?

Wir stellen neue Mitarbeiter ein. Wir brauchen einfach mehr Leute und müssen die Strukturen ändern, damit wir großflächiger arbeiten können und einen besseren Überblick bekommen.

Trainer Pavel Dotchev ist ja auch erst seit dieser Saison im Verein. Er hatte einen Drei-Stufen-Plan für den F.C. Hansa: den Umbruch in der Mannschaft einleiten, dann einspielen und Automatismen entwickeln und letztlich ein Drittligaspitzenteam werden. Wo steht Hansa gerade in dieser Entwicklung? Und gehen Sie den Plan genau so mit?

Absolut. Nach dem Umbruch im Sommer sind wir momentan noch in einer Stabilisierungsphase. Wir müssen von unserem Spiel noch überzeugter auftreten, dann können wir vielleicht auch bald den nächsten Schritt zu einer Spitzenmannschaft machen, die sich hier immer jeder wünscht.

Sie haben gesagt, um eine Spitzenmannschaft bei Hansa Rostock zu formen, muss sich das Team auch mental weiterentwickeln. Also nicht nur neue Spieler holen und viel Training, sondern auch psychologische Arbeit. Welche Ansätze haben Sie da?

Die Jungs müssen überzeugt davon sein, was wir hier vorhaben. Sie müssen selbst daran glauben. Und wir als Verantwortliche müssen das vorleben. Ein Beispiel: Es bringt nichts, wenn wir den Spielern sagen, sie müssen sich alles hart erarbeiten und der Trainer kommt dann erst um 14 Uhr und geht nach dem Training zwei Stunden später schon wieder nach Hause. Wir müssen allen im Verein das Gefühl vermitteln, dass wir gemeinsam etwas bewegen.

Neulich war vom kurzfristigen Aufstieg als Ziel zu hören.

Wir haben das Ziel ausgegeben, dass wir bis 2019 aufsteigen wollen. Wenn wir weiter an den richtigen Schrauben drehen, sind wir bereit dafür. Um es in diesem Jahr noch zu schaffen, brauchen wir auch etwas Glück. Denn wir sind noch keine Spitzenmannschaft. Da gibt es andere, wie den 1. FC Magdeburg. Da hat sich die Mannschaft in den letzten drei Jahren stark entwickelt, entsprechend souverän tritt sie auf. Aber: Nur weil wir nächstes Jahr gerne aufsteigen wollen, heißt es natürlich nicht, dass wir es auch schaffen. Dafür gibt es eben keine Garantie. Wenn man aber alles dafür getan hat, und dies auch vermittelt, kann man den nächsten Schritt machen und auf Vorhandenem aufbauen.

Als erste Neuverpflichtung haben Sie Stürmer Pascal Breier nach Rostock geholt. Nach seinem tollen Einstand sind bislang alle mit dieser Verpflichtung zufrieden, oder?

Bis jetzt ja. Aber auch er muss das erst mal bestätigen. Auf jeden Fall ist er gut angekommen, sehr gut reingekommen und ist in der Mannschaft schon gut integriert. Einerseits ist Pascal eine gute Ergänzung zu Soufian Benyamina im Sturm. Andererseits hat er für eine neue Konkurrenzsituation gesorgt, die sich auch schon positiv ausgewirkt hat.

Zuletzt kam noch Verteidiger Nico Rieble aus Bochum hinzu. Hansas Investor Rolf Elgeti hatte angesichts der guten sportlichen Entwicklung nochmals finanzielle Hilfe angeboten. Wurde die schon bei den Verpflichtungen oder vielleicht bei der Entwicklung des Scoutingbereichs genutzt, um schneller voranzukommen?

Nein, sie wurde bis jetzt noch nicht genutzt. Man kann nicht sagen: »Jetzt sind wir plötzlich vorne mit dabei und jetzt kaufen wir den Aufstieg.« Das funktioniert so nicht im Fußball. Herr Elgeti hat ja auch gesagt, wenn, dann muss die Idee gut und sinnvoll sein. Das heißt natürlich nicht, dass wir keine Ideen haben. Aber aktuell können wir uns in unserem Etat ohne Hilfe bewegen.

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