• Politik
  • Rechtsextremismus in Italien

Italien: Rechter schießt auf Schwarze

In Macerata werden sechs Menschen zum Teil schwer verletzt / Schütze war 2017 Kandidat der rechten »Lega«

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Macerata. Einen Monat vor der Parlamentswahl in Italien hat ein Rechtsextremer aus seinem fahrenden Auto heraus auf Ausländer geschossen und dabei sechs Menschen verletzt. Innenminister Marco Minniti sagte am Samstagabend, der Angriff in Macerata sei rassistisch motiviert gewesen. Der 28-jährige mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Er war im vergangenen Jahr bei Kommunalwahlen unweit der Stadt in der Region Marken Kandidat der rassistischen Lega Nord.

Der als Luca T. identifizierte Mann fuhr am Samstagmorgen mit seinem Auto durch das Zentrum der 40.000-Einwohner-Stadt Macerata und schoss mit einer Pistole auf dunkelhäutige Menschen. Er verletzte Medienberichten zufolge fünf Männer und eine Frau. Einer der Männer erlitt schwere Brustverletzungen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Agi stammen die Opfer aus Mali, Ghana und Nigeria.

Die Schüsse lösten Panik in der Innenstadt aus, Bürgermeister Romano Carancini verhängte eine Ausgangssperre. Von Kugeln getroffen wurden auch Räumlichkeiten der regierenden Sozialdemokraten der Partito Democratico (PD).

Der Angreifer fuhr schließlich zum Kriegsdenkmal der 30 Kilometer von der Adriaküste entfernt liegenden Stadt, legte sich eine Italien-Flagge um und zeigte einen faschistischen Gruß, wie Medien unter Berufung auf Augenzeugen berichteten. Er ließ sich dann widerstandslos festnehmen. Den Polizisten rief er laut Agi »Italien den Italienern zu«. In seinem Wagen wurde eine Pistole gefunden.

Innenminister Minniti sagte bei einem Besuch in der Stadt, die Tat sei offenbar von »Rassenhass« motiviert gewesen. Er sprach von »Rechtsextremismus mit Bezügen zum Faschismus und zum Nationalsozialismus«. Die einzige Verbindung zwischen den Opfern sei »ihre Hautfarbe«. Der Täter habe alleine gehandelt und seine Tat »sicherlich« geplant, sagte der Minister.

Zunächst stellte die Polizei keine Verbindung zu einem Verbrechen in Macerata her, das landesweit für Entsetzen gesorgt hatte. In der Stadt war ein nigerianischer Asylsuchender und Drogenhändler festgenommen worden, der eine 18-jährige Italienerin ermordet haben soll. Die Leiche der jungen Frau war am Mittwoch zerstückelt in Koffern gefunden worden. Die Polizei fand in der Wohnung des 29-jährigen Nigerianers Kleidungsstücke des Opfers und ein Messer mit Blutspuren.

Der Schütze vom Samstag hatte 2017 für die Lega Nord bei Kommunalwahlen in der Region kandidiert. Lega-Nord-Chef Matteo Salvini sagte, wer schieße, sei ein Krimineller. Zugleich verurteilte er eine Flüchtlings-»Invasion«.

Wie die linke italienische Zeitung »Il Fatto Quotidiano« berichtet, hat sich die rechtsradikale Forza Nuova mit dem 28-jährigen mutmaßlichen Schützen solidarisiert:»Wir beteiligen uns an den Verfahrenskosten (...). Heute stellen wir uns vor Luca T.«

Der mit der Lega Nord verbündete Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi bezeichnete die Schüsse als die Tat eines geistig gestörten Menschen. Die Attacke müsse zwar scharf verurteilt werden, habe aber in seinen Augen »keinen klaren politischen Bezug«. Das Lager aus Berlusconis Forza Italia, der Lega Nord und der neofaschistischen Partei Fratelli d'Italia liegt in Umfragen für die Parlamentswahl am 4. März mit rund 35 Prozent vorn.

Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni warnte davor, die Attacke von Macerata zu Wahlkampfzwecken zu instrumentalisieren. Er rief die Italiener zugleich zu Zusammenhalt auf: »Der Hass und die Gewalt werden uns nicht spalten.« AFP/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.