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»Die Leute haben noch Spaß an Olympia«

ARD und ZDF bekamen erst verspätet Übertragungsrechte für die Winterspiele. Das brachte einige Probleme, sagt Sportkoordinator Axel Balkausky

Wie war das, als die Entscheidung fiel, dass ARD und ZDF doch noch von Olympia berichten dürfen?

Wir waren unglaublich froh, weil die Spiele ganz viel mit dem zu tun haben, wo wir uns zu Hause fühlen. Wir bilden die Vielfalt des Sports ab, geben Sportarten eine Möglichkeit, von vielen Menschen gesehen zu werden, bei denen das normalerweise nicht so ist. Zudem wollen wir den Menschen etwas geben, das sie mögen. Trotz aller Dinge, die an Olympia zu kritisieren sind, haben die Leute nach wie vor noch Spaß an den Olympischen Spielen.

Zur Person
Axel Balkausky ist seit 2009 der Sportkoordinator der ARD. Zuvor hatte der 55-jährige Journalist bei Radio Bremen, Sat.1, Sport1 sowie beim Weser-Kurier und NDR gearbeitet. Mit Oliver Kern sprach der gebürtige Bremer vor den Olympischen Winterspielen über schwierige Rechteverhandlungen mit Eurosport, den Zwang der Sportverbände, fürs Fernsehen miteinander zu kooperieren, und darüber, dass das Erste nicht nur aus Korea, sondern auch aus Leipzig senden wird.

Beim Wintersport haben kleine Sportarten wie Rodeln kaum das Problem fehlender Sendezeiten. Sie werden regelmäßig in den langen Weltcup-Sendungen an Wochenenden übertragen. Wieso klappt das nicht im Sommer? Warum sehen wir Kanuten nur einmal im Jahr zur WM oder bei Olympia?

Wir übertragen viel mehr, als die Menschen wahrnehmen. Heribert Bruchhagen, damals noch Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, fragte mich mal, warum wir die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften nicht mehr übertragen. In Wahrheit hatten ARD und ZDF sie eine Woche vorher übertragen, insgesamt sieben Stunden lang. Die Menschen nehmen diese Einzel-Events also nicht oder kaum mehr wahr. Deshalb muss sich der Sommersport verändern, und die Anfänge werden gemacht: 2018 finden im Rahmen der »European Championships« erstmals acht Europameisterschaften gleichzeitig statt, bei denen kleinere Sportarten von der großen Leichtathletik mitgezogen werden - also genau das Prinzip, das wir aus dem Winter kennen. 2019 werden wir dann das »Wochenende der Deutschen Meisterschaften« zeigen. Derzeit übertragen wir nämlich nur noch eine Deutsche Meisterschaft, die der Leichtathletik. Alle anderen sind hinten runtergefallen, weil kein Zuschauerinteresse mehr da war. Wir hoffen, dass die Leichtathletik als Hauptträger auch andere Sportarten mitzieht. Die Sommersportarten müssen solche Pakete bilden. Ansonsten wird man viele nicht mehr finden, selbst wenn wir übertragen.

Sie betonen oft, die Quote sei nicht wichtig. Trotzdem übertragen Sie offenbar Sportarten nicht mehr, »weil kein Zuschauerinteresse da war«. Was stimmt denn nun?

Wir werden von allen finanziert, also müssen wir auch für alle Programm anbieten. Wenn aber keiner mehr einschaltet, heißt das, wir senden am Zuschauerinteresse vorbei. Sportarten müssen keine Quote erfüllen. Rekorde sind nicht unser Ziel. Wir müssen nicht ständig bessere Zahlen haben als andere. Aber wenn es dramatisch nachlässt, muss man sich auch mal für eine Kultur-, Kirchen- oder Sonst-was-Sendung entscheiden, wenn dort das Zuschauerinteresse größer ist. Sportübertragungen verdrängen ja jedes Mal andere Programme, die auf diesen Sendeplätzen normalerweise ausgestrahlt werden.

Zurück zu den Spielen in Pyeongchang. Hatten viele ARD-Reporter schon Urlaub für die Zeit angemeldet?

Ja. Einige haben dazu sonst im Winter nie die Gelegenheit. Sie hatten sich schon gefreut, selbst mal Skilanglauf zu machen oder die Pisten runterzufahren. Jetzt mussten wir alle wieder einsammeln. Es hat sich aber auch keiner gewehrt. Eine Urlaubssperre war nicht nötig, bei uns muss niemand zu den Olympischen Spielen gezwungen werden. Die haben sich alle wahnsinnig gefreut.

Wie lief denn der Verhandlungsmarathon mit Discovery? Erst waren Sie draußen, dann ging es doch wieder los. Außenstehende sahen da nicht mehr durch.

Die Rechteinhaber von Eurosport Discovery und wir von ARD und ZDF waren wirklich an einem Punkt, an dem wir zu keiner Lösung mehr kamen, weil die finanziellen Vorstellungen so unterschiedlich waren. Da mussten wir es beenden. Wir machten uns schon Gedanken darüber, welches Programm wir anstelle der Spiele umsetzen könnten. Wir verhandelten nur noch über Nachverwertungsrechte für Sportmagazine und Nachrichtensendungen. Dann öffnete sich ein neues Fenster, und wir fingen von vorn an. Diesmal war der Zeitdruck aber immens, denn irgendwann bekommt man von den Olympiaorganisatoren keine Leitungen mehr, kann gar nichts mehr bestellen. Ich glaube, es hatte auch personelle Veränderungen bei Eurosport Discovery gegeben, und nun waren Menschen beteiligt, die einen realistischeren Blick auf alles hatten.

Darauf, was Sie sich leisten können?

Das auch, aber vielmehr, was sie selbst leisten können. Ich glaube, dass Eurosport nie das Ziel hatte, in Deutschland ohne die Öffentlich-Rechtlichen auszustrahlen. Am Ende hat da die Vernunft gesiegt, und heute haben wir ein wirklich gutes Verhältnis zu Eurosport. Ohne deren Hilfe hätten wir in der Kürze der Zeit viele Dinge gar nicht mehr umsetzen können.

Als Sie sich endlich einigen konnten, waren die meisten Hotels längst voll. Ist das der Grund, warum ein Drittel der üblichen Mannschaft diesmal von Leipzig aus arbeitet?

Alle, die vor Ort sein müssen, bekommen wir unter. Aber es war ein zähes Ringen, und wir sind nicht wie sonst sehr eng beieinander, sondern wild verteilt in der ganzen Gegend um Pyeongchang. Dass wir weniger sind, hat natürlich auch damit etwas zu tun, dass wir zu dem Zeitpunkt nicht mehr so viele technische Arbeitsplätze vor Ort belegen konnten. Aufgrund der Entwicklung auf dem Gebiet können wir aber mittlerweile auch viel von zu Hause aus machen.

Moderatoren und Reporter sind aber in Pyeongchang, oder? Beim Confed Cup war das Studio in Baden-Baden und nicht in Russland.

Ja, klar, wir senden aus Südkorea. Moderatoren, Experten, Kommentatoren, Redakteure und Kameraleute sind vor Ort. Aber sehr viele Beiträge für die Nachrichten und Magazinsendungen werden in den Räumen des MDR erstellt, weil alle Aufzeichnungen viel schneller nach Leipzig überspielt werden können. Früher wurde vor Ort erst noch geschnitten. Diese zweite Infrastruktur müssen wir nicht mehr aufbauen.

Konnten Sie mit einem Drittel weniger Leuten vor Ort wenigstens Kosten einsparen?

Leider nicht. Weil wir so spät dran waren, stiegen die Ausgaben für die Technik. Wir waren leider die letzten, die Leitungen und andere Dinge beim Organisationskomitee bestellten, also mussten wir nehmen, was noch übrig war. Da hatten wir keine Möglichkeiten mehr zu verhandeln. Wir gehen trotzdem davon aus, dass wir unter den Gesamtkosten von Sotschi 2014 bleiben werden. Da noch nicht alle Rechnungen geschrieben worden sind, können wir diese jedoch noch nicht genau beziffern.

Sie sagten, der Sport verdränge anderes. Da geht es nicht nur um Sendezeiten. Es wird nun also doch wieder viel Geld für Olympia ausgegeben. Gab es dazu intern Kritik?

Nein, vielmehr sehr positive Reaktionen, weil wir eine Grenze gesetzt hatten und nicht darüber hinausgegangen waren. Am Ende waren alle froh, weil sie den Wert von Olympia sehen, trotz aller Schwierigkeiten. Dazu glaube ich, dass wir im Bereich Sportpolitik führend sind, mit allem, was da dranhängt, also auch die Schattenseiten Olympias zu zeigen. Das gehört zum Gesamtpaket in all seiner Schizophrenie.

Einige Kröten mussten Sie aber schlucken: Snowboard, Shorttrack und Eiskunstlauf sind live nur bei Eurosport zu sehen. Beim Eishockey dürfen sie lediglich deutsche Spiele und das Finale live zeigen. Hat Eurosport darauf bestanden?

Es ging bei den Verhandlungen nicht nur um den finanziellen Wert der Olympischen Spiele, sondern auch darum, dass Eurosport Discovery zumindest 2018 noch eine gewisse Exklusivität behalten wollte. Da haben wir uns gegenseitig Vorschläge gemacht. Für uns hätte es keinen Sinn ergeben, zum Beispiel auf Biathlon zu verzichten, weil wir dann einen dramatischen Einschnitt erlebt hätten. Gleichzeitig haben wir auch den Wunsch von Discovery verstanden, und am Ende konnten wir uns auf diese vier Sportarten einigen.

Tut es nicht weh, dass Sie die Kür der deutschen Paarläufer Aljona Sawtschenko und Bruno Massot nicht zeigen können? Sie sind immerhin Goldkandidaten und haben viele Anhänger.

Leider geht man nicht immer nur als Gewinner aus Verhandlungen heraus. Alle mussten etwas davon haben. Und Eurosport war hier sehr hart, das mussten wir akzeptieren und können nur zeitversetzt senden.

Heißt das, Sie müssen ein paar Stunden warten?

Nein, sobald der Wettbewerb beendet ist, können wir ihn übertragen.

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