Trump-Kritik an Israel

Palästinenser für stärkere Rolle Russlands im Konflikt

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Das waren ungewohnte Töne von Donald Trump. Dass der US-Präsident den Palästinensern mangelnden Friedenswillen vorwirft, gehört zu seinen außenpolitischen Standards. Zuletzt hatte er sogar den Stopp der Washingtoner Hilfsgelder für das UN-Palästinenserhilfswerk im Gazastreifen verfügt - mit erheblichen Auswirkungen für die humanitäre Arbeit in dem bitterarmen, abgeschotteten Küstengebiet. Im zweiten Quartal steht die Lebensmittelversorgung für eine Million Menschen auf der Kippe. Doch nun gab es auch Kritik an Israel.

In einem Interview mit der regierungsnahen Zeitung »Israel Hajom« äußerte Trump Zweifel am Verhandlungswillen des Verbündeten. »Zurzeit würde ich sagen, dass die Palästinenser keinen Frieden machen wollen. Und ich bin nicht unbedingt sicher, dass Israel Frieden machen will. Also müssen wir sehen, was passiert.« Vor allem der Siedlungsbau mache die Bemühungen um ein Abkommen komplizierter. »Deshalb denke ich, dass Israel sehr vorsichtig mit den Siedlungen sein muss.« Sein Amtsvorgänger Barack Obama war da allerdings viel schärfer in der Kritik. Zumal Trump jetzt die Beziehungen zwischen den USA und Israel als »großartig« lobte. Nur würde Frieden zwischen Israel und den Palästinensern sie noch »viel besser« machen.

Trump selbst hat für den Friedensprozess bislang herzlich wenig getan, und auch das jüngste Interview bleibt letztlich vage. Dagegen sorgte seine Ankündigung vom Dezember vergangenen Jahres, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und Jerusalem völkerrechtswidrig als Hauptstadt Israels anzuerkennen, für erhebliche Unruhe im Nahost-Konflikt. Besonders empört war und ist die Palästinenserführung, die Ostjerusalem als Hauptstadt für einen eigenen Staat beansprucht. Deshalb will sie so lange keine Gespräche mit der Trump-Regierung führen, bis diese die Jerusalem-Entscheidung rückgängig macht.

Das dürfte auch Thema der am Montagabend in Moskau geplanten Gespräche zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gewesen sein. Abbas wollte dabei für eine aktivere Rolle Russlands in der Nahost-Konfliktlösung werben, wie zuvor zu hören war. In Israel stößt diese Strategie auf scharfe Kritik.

Derweil hat der außenpolitische Berater von Abbas, Nabil Shaath, gegenüber der Nachrichtenagentur RIA Novosti, erklärt, man ziehe angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen auch die Option in Betracht, die Autonomiebehörde aufzulösen und die Verantwortung für die palästinensischen Gebiete an Israel zurückzugeben. Schließlich kontrolliere Israel Palästina heute sowieso schon. Nur müsste es dann auch alle Kosten für den öffentlichen Sektor übernehmen, für die zurzeit die Autonomiebehörde verantwortlich sei: »Wissen Sie, was das die Israelis kosten würde? Sie kontrollieren uns, und wir bezahlen - für Sicherheit, Bildung, Straßen, Gesundheitswesen.«

Dadurch werde die Besatzung relativ günstig und wenig anstrengend, so Nabil Shaath. Das ursprüngliche Konzept habe jedoch vorgesehen, dass dieser Zustand lediglich für eine Übergangszeit von bis zu zwei Jahren geplant war. Später sollte nach Verhandlungen ein unabhängiger palästinensischer Staat entstehen - der jedoch nicht zustande kam. »Wir jedoch leben noch immer in den ersten zwei Jahren des Gaza-Jericho-Abkommens (vom Mai 1994), und selbst dieses Abkommen mit deutlichem Übergangscharakter wird von Israel verletzt.« Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.