• Sport
  • Winterspiele 2022

Von Pyeongchang nach Peking

Die Winterspiele in Südkorea sollten der Startschuss für China als Olympiagastgeber 2022 sein - aber die Stimmung ist nicht besonders gut

  • Andreas Landwehr, Pyeongchang
  • Lesedauer: 3 Min.

Thomas Bach klang fast sentimental. Die Übergabe der olympischen Flagge am Ende der Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang an China sei so, » als wenn man jemandem das einzige Kind zur Obhut anvertraut«, sagte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees im China-Haus von Pyeongchang. Er wolle das Kind »gesund« übergeben: »Und wir hoffen, dass China es noch stärker, noch größer und noch universeller machen wird«, meinte Bach bei einem Besuch der chinesischen Olympiadelegation.

Nun richten richten sich alle Blicke auf Peking, den Austragungsort der Winterspiele 2022. Erstmals wird eine Stadt nach den Sommerspielen auch Winterspiele ausrichten. In Pyeongchang waren die Chinesen hingegen kaum sichtbar. Anders als in den Stützpunkten vieler anderer Länder, wo bis in die Nacht Party gemacht wurde, geht es im China-Haus hochoffiziell zu. Wenn die Funktionäre mit Olympiasiegern feiern, herrscht immer »geschlossene Gesellschaft«. »Selbst wir dürfen nicht dabei sein«, sagt eine Mitarbeiterin.

Weit abgelegen von den Olympiastätten war das China-Haus am Strand von Gangneung schon schwer zu erreichen. Für einen Besuch musste online ein Termin vereinbart werden. Mails und Anrufe gingen ins Leere. Damit steht es im krassen Gegensatz zu den Japanern: Das offene und interaktive Tokio-2020-Haus der Gastgeber der kommenden Sommerspiele haben mehr als 50 000 Besucher gesehen. Auch bei der einzigen Pressekonferenz des Organisationskomitees von »Beijing2022« blieb vieles unbeantwortet. Der Sprecher sagte, Peking 2022 wolle das Bild einer »neuen Ära in China« präsentieren. Er meint die »neue Ära des Sozialismus chinesischer Prägung«, wie die Leitideen des allmächtigen Staats- und Parteichefs Xi Jinping genannt werden.

Anders als bei Chinas ersten Spielen 2008 in Peking, als sich das Reich der Mitte der Welt geöffnet habe, scheint es sich heute unter Xi abzukapseln, findet ein bekannter chinesischer Sportjournalist. »Alles dreht sich nur noch um die Partei«, sagt der Chinese, der anonym bleiben will, weil er für ein großes Staatsmedium arbeitet. »China entwickelt sich wirtschaftlich weiter, aber politisch geht es rückwärts.« Die Organisatoren und das Olympische Komitee seien in Pyeongchang auf Tauchstation gewesen. »Es ist alles so politisch und bürokratisch geworden«, beklagt er: »Auch wir haben keinen Zugang.«

Die Stimmung ist ohnehin recht schlecht, weil Team China nur ein Mal Gold geholt hat. »Für unsere Führer zählt nur Gold.« Als Fazit bleibt: Wenn Pyeongchang sportlich und organisatorisch der große Startschuss für Peking 2022 werden sollte, wirkt es für viele ein bisschen wie ein Fehlstart. Dabei laufen die Vorbereitungen längst auf Hochtouren. Wie bei den viel gelobten Spielen 2008 scheuen die Organisatoren auch diesmal keine Mühen und Kosten. Elf damals gebaute Sportstätten, darunter das Nationalstadion, das Schwimmzentrum oder die Wukesong-Arena kommen wieder zum Einsatz. Kurze Wege wird es aber nicht geben. Viele Wettbewerbe werden in zwei weit außerhalb der Hauptstadt gelegenen olympischen Zonen stattfinden - mit Kunstschnee versteht sich, weil es dort im Winter kaum schneit.

Eine Zone liegt im knapp 200 Kilometer entfernten Zhangjiakou, wo einst die Kamelkarawanen aus der Mongolei und Russland endeten. Dort wird es Ski Freestyle, Snowboard, Langlauf, Nordische Kombination, Skispringen und Biathlon geben. Die zweite Zone liegt auf halbem Wege in Yanqing: Für alpines Skilaufen und einer Bahn für Bob, Rodeln und Skeleton. Ein Hochgeschwindigkeitszug soll die heute dreistündige Fahrt nach Zhangjiakou auf 50 Minuten verkürzen - bis Yanqing auf 20 Minuten. Das Zugprojekt ist einmalig: Es hat mit 432 Metern den tiefsten Tunnel der Welt, führt hundert Meter unter der Großen Mauer durch, wo die weltweit tiefste Bahnstation entsteht. Über zwölf Kilometer wird der längste Tunnel Asiens gegraben. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -