Schwesig fordert mehr Osterfahrung in neuer Bundesregierung

SPD-Politikerin kritisiert, dass Koalitionspartner CDU keine Minister mit ostdeutschem Hintergrund benannt hat

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Schwerin. Den Volksparteien CDU und SPD droht nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in den neuen Bundesländern ein weiterer Vertrauensverlust, wenn in der neuen Bundesregierung die Sicht der Ostdeutschen zu kurz kommt. »Dass Ostdeutsche mit am Kabinettstisch sitzen müssen, ist für mich selbstverständlich. Ich bin enttäuscht, dass die CDU das nicht berücksichtigt hat«, sagte Schwesig der Deutschen Presse-Agentur in Schwerin. Auch fast drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit gebe es in vielen Bereichen noch gravierende Unterschiede zwischen Ost und West, bei den Löhnen, der Arbeitslosigkeit oder der Rente etwa.

»Wie will eine Bundesregierung mit 16 Ministern die Zukunft des vereinten Deutschlands gestalten, wenn die Erfahrungen aus einem ganzen Teil mit einer ganz besonderen Geschichte fehlen. Dass wir diese Debatte auch nach 27 Jahren noch führen müssen, sagt alles«, erklärte Schwesig. Die CDU hatte keine ostdeutschen Politiker für die angestrebte Koalitionsregierung benannt.

Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende zeigte sich überzeugt, dass ihre Partei nach einem erfolgreichen Mitgliedervotum zur Großen Koalition ihren personellen Beitrag im Sinne der neuen Bundesländer leisten wird. »Für mich ist klar, dass die SPD einen Bundesminister mit Osterfahrung benennen muss. Und das sehen viele in meiner Partei so«, sagte sie, ohne jedoch Namen zu nennen.

Schwesig erinnerte daran, dass CDU und SPD bei der Bundestagswahl im September 2017 vor allem in den ostdeutschen Bundesländern massiv an Zustimmung eingebüßt hatten, in Sachsen die AfD sogar stärkste Kraft wurde. »Viele Menschen hier haben uns aus Protest einen Denkzettel verpasst und AfD gewählt. Da kann doch nicht die Antwort sein, dass der Osten keine Rolle mehr spielt in der neuen Regierung«, mahnte Schwesig. Auf ihre Kritik stieß die Ankündigung der CDU, für fehlende Minister nun Staatssekretäre aus dem Osten zu berufen. »Nach dem Motto zu verfahren, für Minister reicht es nicht, aber Staatssekretäre können sie sein, das halte ich für ziemlich arrogant gegenüber den Ostdeutschen«, sagte Schwesig.

Sie selbst habe als Bundesfamilienministerin »mit Ostwurzeln« in der vorherigen Großen Koalition erkennen müssen, wie schwer es sein kann, Gehör zu finden. »Ich habe selbst erlebt, dass ostdeutsche Themen belächelt oder vom Tisch gewischt wurden«, berichtete Schwesig. Dabei sei es nicht nur um Probleme gegangen, sondern auch um Erfahrungen etwa bei der Geschlechtergleichstellung oder der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. »Es geht nicht darum, den Jammerossi zu geben. In die Regierung gehören Minister, die selbstbewusst für den Osten einstehen. Und das erwarten die Wähler auch zu recht«, betonte Schwesig, die von Dezember 2013 bis Juni 2017 dem Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angehörte.

Als wichtig bezeichnete Schwesig auch die Neubesetzung der Position des Ostbeauftragten. »Der Ostbeauftragte ersetzt nicht den Bundesminister. Er ist aber auch wichtig. Unabhängig vom Parteibuch muss diese Person bei allen Vorhaben der Bundesregierung genau darauf achten, ob auch Sicht und Interessen der Ostdeutschen mit berücksichtigt werden. Der Ostbeauftragte ist alles andere als ein Grußonkel. Er oder sie muss sich in Themen einmischen, auch hinter den Kulissen«, erklärte Schwesig. Wichtige Entscheidungen zur Rentenangleichung etwa wären ihrer Meinung nach womöglich anders ausgefallen, hätte sich die bisherige Amtsinhaberin Iris Gleicke (SPD) nicht so beharrlich eingemischt.

Die CDU hatte bereits erklärt, in der geplanten Großen Koalition am Ostbeauftragten festhalten zu wollen. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, soll der brandenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Stübgen Gleicke im Amt ablösen. SPD-Angaben zufolge hat es dazu aber noch keine endgültigen Absprachen gegeben. dpa/nd

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