GroKo streitet über Schwangerschaftsabbrüche

CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer betont Nein zur Abschaffung des Paragrafen 219a / Uneinigkeit innerhalb der Evangelischen Kirche

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. In der neuen Großen Koalition droht beim Thema Abtreibungsrecht bereits ein erster Streit. Hintergrund ist der Wunsch der SPD, das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche zu streichen. Die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte nun das Nein ihrer Partei zur Abschaffung des Paragrafen 219a.

In einem Schreiben an alle Funktions- und Mandatsträger der CDU, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, plädiert Kramp-Karrenbauer für ein offensives Eintreten zur Beibehaltung der bisherigen Regel, die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werde es keine Unterstützung zur Abschaffung der Regelung geben, betont die CDU-Generalsekretärin in dem parteiinternen Schreiben.

Der Prozess gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel vor knapp vier Monaten hatte eine Debatte über das Werbeverbot ausgelöst. Hänel hatte auf der Internetseite ihrer Praxis über Schwangerschaftsabbrüche informiert und war dafür zu einer Geldstrafe verurteilt worden. SPD, LINKE und Grüne sind der Überzeugung, dass das Werbeverbot auch Informationen für schwangere Frauen verhindert. Sie wollen den Paragrafen daher streichen. Union und AfD sind dagegen. Die FDP wirbt für einen Kompromiss.

Bei einer ersten Beratung im Bundestag vor zwei Wochen hatte die SPD aus Rücksicht auf die geplante Koalition ihren eigenen Entwurf zur Abschaffung des Werbeverbots nicht eingebracht. In der vergangenen Woche teilte die SPD-Politikerin Eva Högl dann mit, das nun doch tun zu wollen. Als »bedauerlich« und »befremdlich« bezeichnet die CDU in einem an Kramp-Karrenbauers Schreiben angehängten Papier das Vorgehen der SPD.

Darin heißt es, dass in den verpflichtenden Beratungen zum Schwangerschaftsabbruch darüber informiert werde, wo der Eingriff vorgenommen werden kann. Von einem Informationsdefizit könne daher keine Rede sein. Schwangerschaftsabbrüche seien keine normale medizinische Dienstleistung. »Wenn auf der Homepage eines Arztes der Schwangerschaftsabbruch neben normalen medizinischen Dienstleistungen auftaucht, dann ist dies keine reine Information, sondern geht darüber hinaus«, heißt es in dem CDU-Papier, das am Donnerstagabend versendet wurde.

Uneinigkeit innerhalb der Evangelischen Kirche

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) teilt die Auffassung Kramp-Karrenbauers. Der Rat der EKD halte die Streichung des Paragrafen 219a für »entbehrlich, sogar für kontraproduktiv«, sagte der EKD-Bevollmächtigte in Berlin, Martin Dutzmann, dem epd. »Eine Streichung würde das Gesamtkonstrukt der Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch gefährden, das in den vergangenen Jahrzehnten in der Frage von Abtreibung für gesellschaftlichen Frieden gesorgt hat«, erklärte er. Dort bleibe klar, dass Abtreibung rechtswidrig sei. Andererseits würden Ausnahmen definiert, in denen Schwangerschaftsabbrüche straffrei bleiben. »An dieser ausgewogenen Konstruktion sollte nicht gerüttelt werden«, sagte Dutzmann. Der Landesverband der Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau hat sich im Gegensatz dazu Ende Januar klar für die Abschaffung des Paragrafen 219a ausgesprochen, damit Frauen problemlos erfahren können, wo sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen können.

Eine Möglichkeit zum Kompromiss sieht er in den derzeitigen Plänen des Landes Berlin. Die Gesundheitsverwaltung soll dort eine vollständige Liste aller Praxen und Kliniken veröffentlichen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. »Für Information wäre dann verlässlich vonseiten des Landes gesorgt, ohne dass für einen Abbruch geworben würde«, sagte Dutzmann. Es lohne sicher, zu überlegen, ob nicht alle Bundesländer, die ja ohnehin die Strukturen für Schwangerschaftskonfliktberatung bereitstellen müssten, solche Register veröffentlichen sollten. »Es gäbe dann für Ärzte keine Notwendigkeit mehr, die Bereitschaft zur Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen selbst zu veröffentlichen und somit in dieser Frage eine höhere Rechtssicherheit«, so Dutzmann. epd/nd

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