Dem Schrott auf der Spur

Der mühsame Kampf gegen illegale Mülltransporte wird auch in den Zielländern geführt

  • Helmut Reuter, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob ausrangierte Fernseher, Handys, Kühlschränke, Waschmaschinen oder Altfahrzeuge - für sie alle gilt: Sind sie nicht mehr funktionstüchtig und damit Abfall oder Schrott, dann müssen sie fachgerecht entsorgt werden. Und das nicht in Afrika oder in Asien - sondern von einem zertifizierten Betrieb in Deutschland oder der EU. Soweit die Theorie. In Rotterdam, Antwerpen, Hamburg und auch in Bremen sieht die Praxis oft anders aus, wie Kontrollen von Polizei und Zoll ergeben. Containerweise geht Elektroschrott (E-Schrott) oft zum »Recyceln« nach Übersee. Auch für die deutsche Verwertungsbranche ein Verlust.

Wie viel illegal exportiert wird, ist schwer zu schätzen. »Das ist ein Graumarkt. Dezidierte Zahlen sind schwer zu bekommen«, sagt Andreas Habel vom Fachverband Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling (BVSE). Angesichts der schieren Masse an Containern kämen Zoll und Polizei mit Stichprobenkontrollen kaum hinterher. Das Hamburger Institut für Ökologie und Politik (Ökopol) schätzte schon für das Jahr 2008, dass rund 155 000 Tonnen alte Elektrogeräte von Deutschland nach Afrika und Asien exportiert wurden. Ein wesentlicher Teil davon war nicht funktionsfähig, also Schrott.

Dem deutschen Verwertungsmarkt gehen durch die Transporte von illegalen E-Schrott- oder Altautotransporten Sekundärrohstoffe wie Kupfer, Zink, Palladium oder Edelmetalle wie Gold und Silber verloren. Erschwert werden illegale Exporte seit Oktober 2015 mit Inkrafttreten des Elektrogesetzes, das für gebrauchte Elektrogeräte einen Funktionsnachweis vorschreibt. Aber auch hier zeigt die Praxis, dass Nachweislisten für Geräte leicht manipulierbar sind.

»Eines der Hauptzielländer für Elektromüll aus der ganzen Welt ist Ghana«, sagt Jürgen Braun von der Bremer Wasserschutzpolizei. Er beschäftigt sich schon lange mit dem Thema »grenzüberschreitende Abfallverbringung« und hat auch in Ghana Müllhalden besichtigt. »Sightseeing der schrecklichen Art«, erinnert sich der Polizeihauptkommissar. Von sachgerechtem Recycling kann dort keine Rede sein.

Fernseher und Monitore werden einfach ins offene Feuer gelegt. Der Brennstoff: »Altreifen, denn die brennen lange und heiß.« Wenn das Plastik verbrannt ist, bleibt ein Legierungsklumpen aus Metallen, die dann verkauft werden. Inmitten des hochgiftigen Qualms arbeiten Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Giftige Flüssigkeiten verseuchen Böden und Grundwasser.

Oft wissen Mitarbeiter von Zoll und Polizei in den Bestimmungsländern nicht, wie sie E-Schrott identifizieren und im Zweifelsfall wieder in die Absenderländer zurückschicken können. Container verrotten oft monate- oder jahrelang in den Häfen. Für die Rücksendung muss man Vorschriften und Gesetze kennen und bürokratische Wege einhalten. Um diese Wissenslücke zu schließen, entsendet die Nichtregierungsorganisation INECE unter dem Schirm der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODOC) regelmäßig Trainer in diese Länder. Braun ist einer von ihnen und war schon in Ghanas, Vietnam und Malaysia.

Der Kampf gegen illegale Transporte ist so mühlselig wie notwendig, denn die Entwicklung gerade bei E-Schrott ist rasant. Nach einem Monitoring-Bericht der Vereinten Nationen fielen 2016 weltweit 44,7 Millionen Tonnen E-Schrott an. Tendenz steigend: 2021 sollen es bereits 52,2 Millionen Tonnen sein. An Masse für illegale Transporte und dubiose Entsorgung und Verwertung fehlt es auch in Zukunft nicht. In Deutschland können Verstöße empfindliche Strafen nach sich ziehen. Das Abfallverbringungsgesetz sieht - je nach Umfang der verursachten Umweltschäden - Haftstrafen von bis zu zehn Jahren oder hohe Geldstrafe bis zu 50 000 Euro für nicht genehmigte Abfalltransporte vor. dpa/nd

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