- Politik
- Polizei findet Chemikalien bei linkem Aktivisten
Ramelow weist Kritik nach Sprengstoff-Fund zurück
AfD meldet Thema zur Aktuellen Stunde im thüringischen Landtag an / Ministerpräsident: Vorwurf der Einflussnahme auf Ermittlungen sei »Unsinn«
Erfurt. Nach der Entdeckung einer mutmaßlichen Bombenwerkstatt in Ostthüringen hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) Kritik an angeblich fehlerhaften Ermittlungen zurückgewiesen. Es sei »Unsinn«, dass die von ihm geführte Regierung Einfluss auf das Ermittlungsverfahren genommen habe, sagte er Dienstag dem Berliner »Tagesspiegel«.
Eine Woche zuvor waren bei Hausdurchsuchungen kiloweise Dünger und Chemikalien gefunden worden, aus denen sich Sprengstoff herstellen lassen soll. Einer der beiden Beschuldigten in dem Ermittlungsverfahren gehörte nach übereinstimmenden Medienberichten zum Bündnis »Zivilcourage und Menschenrechte im Landkreis Saalfeld Rudolstadt« (Zumsaru). Der 31-jährige Verdächtige sitzt im Rollstuhl und hatte im Dezember 2016 für das Bündnis eine Auszeichnung im Rahmen des Thüringer Demokratiepreises entgegengenommen. Aus diesem Umstand resultierte in den vergangenen Tagen die Kritik, die Thüringer Behörden seien auf dem »linken Auge« blind. Ramelow sagte dem »Tagesspiegel« zu diesem Vorwurf: »Alles, was im Rechtsstaat notwendig ist, ist passiert. Niemand in der Landesregierung hat das Interesse, irgendetwas unter den Tisch zu kehren.«
Aus Ramelows Sicht handelt es sich um »Straftatbestände, die einfach ausermittelt werden«. In Betracht genommen würden dabei sowohl eine politische Straftat wie auch ein kleinkriminelles Milieu. Die Täter seien identifiziert und geständig, so der Ministerpräsident im »Tagesspiegel«. Innenminister Georg Maier (SPD) hatte zuvor eine vermeintlich zu späte Übertragung der Ermittlungen an das Landeskriminalamt (LKA) verteidigt. Dessen Experten seien von Anbeginn in den Vorgang einbezogen gewesen.
Debatte im thüringischen Landtag
Die Angelegenheit hat ein parlamentarisches Nachspiel. Die AfD hat das Thema für eine Aktuelle Stunde im thüringischen Landtag am Dienstagnachmittag angemeldet. Ramelow sprach in diesem Zusammenhang von »Hysterie«. Die AfD und andere Kritiker würden versuchen, eine »ideologisch-politische Schlacht« zu inszenieren und dabei die Fakten missachten. »Der Fall wird politisiert, ohne dass die Ermittler ihre Arbeit machen können«, zitiert ihn der »Tagesspiegel«.
Der CDU-Abgeordnete Mike Mohring argumentierte direkt zu Beginn der aktuellen Stunde dafür, das Thema auf den ersten Punkt der Tagesordnung vorzuziehen. Ursprünglich war das Thema auf dem vierten Punkt platziert. Mohring kritisierte, dass die Landesregierung erst am Freitag Stellung zum Thema bezogen hatte, also drei Tage nachdem der Fund des Sprengstoffes bekannt geworden war. »Die Landesregierung schweige sich zunächst aus«, so Mohring in der Plenarsitzung. Auch der AfD-Abgeordnete Stefan Möller sprach sich für die Dringlichkeit des Themas aus. Die CDU hatte nach der AfD ebenfalls noch einen Antrag zur Aufklärung des Sprengstofffundes eingereicht.
Die Sprecher der vernetzten Thüringer Bündnisse, Netzwerke und Initiativen gegen Rechts haben sich inzwischen von dem Beschuldigten distanziert. In der Bewertung der politischen Arbeit von Zumsaru müsse klar zwischen dem Auftreten des Bündnisses und dem Fehlverhalten Einzelner unterschieden werden, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung. Spekulationen hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen dem Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit und dem möglichen Sprengstofffund in Saalfeld weise man klar zurück. epd/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.