Niedrigzinsen erschweren das Stiften
Eine Stiftung gründen kann in Deutschland praktisch jeder. Voraussetzungen sind nur ein gewisses Gründungskapital und eine Satzung, in der der Zweck der Einrichtung festgelegt ist. Der Staat unterstützt diese Form gesellschaftlichen Engagements und sieht für Stifter sogar erhebliche steuerliche Vergünstigungen vor. Auch deshalb stieg die Zahl der Stiftungen im vergangenen Jahr deutschlandweit auf 22 274 - 549 mehr als 2016. Die meisten davon sind klein, wie der Bundesverband Deutscher Stiftungen (BVDS) am Dienstag in Berlin erklärte. Über 70 Prozent der Stiftungen haben demnach weniger als eine Million Euro Kapital.
Dass die Stiftungen insgesamt dennoch auf geschätzte 100 Milliarden Euro Stiftungskapital kommen, liegt an den großen Unternehmensstiftungen wie der Robert-Bosch-Stiftung oder der Zeit-Stiftung. Auch vom Staat finanzierte Einrichtungen wie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt oder die Stiftung Warentest tragen einen großen Teil bei.
Viele kleinere Stiftungen sind dabei eher aus privaten Motiven entstanden, wie BVDS-Vorstandsvorsitzender Michael Göring erklärte. Die Eltern, deren Kind an einer bisher unheilbaren Krankheit starb und die ihr Vermögen für mehr Forschung einsetzen wollen oder die Bürger eines Ortes, die sich für den Dorfplatz engagieren, sind nur zwei Beispiele. Größere Stiftungen finanzieren 150 Krankenhäuser, 100 Wohnstifte für ältere oder arme Menschen oder die Pflege von 154 000 Hektar Naturschutzflächen.
Mit 745 Stiftungen liegt die Sparkassen-Finanzgruppe ganz vorn beim stifterischen Engagement einer Unternehmensgruppe und ist Deutschlands größter nichtstaatlicher Kulturförderer, wie Heike Kramer vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband betont. Die Gruppe bemühe sich um »maßgeschneiderte Förderung für die Menschen vor Ort«, so Kramer. So fördere sie den Erhalt der Glockenlandschaft in Sachsen-Anhalt oder einen Violinwettbewerb, bei dem ausschließlich Instrumente aus örtlichen Handwerksbetrieben verwendet würden.
Dennoch sehen sowohl der Sparkassenverband als auch der BVDS derzeit zwei Probleme für die deutschen Stiftungen. Das Finanzierungsmodell leide unter den dauerhaft niedrigen Zinsen, die es kaum erlaubten, das Stiftungskapital zu vermehren, was aber Voraussetzung für die Stiftertätigkeit an sich sei, so Göring. Früher hätten viele Stiftungen in Bundesanleihen investiert, das lohne sich wegen der teils negativen Verzinsung jedoch schon lange nicht mehr. Besonders für kleine Institutionen, die das knappe Stiftungskapital nicht so breit streuen könnten, sei das ein Problem.
Felix Oldenburg, Generalsekretär des BVDS, machte noch auf einen zweiten Punkt aufmerksam: Die ausstehende Reform des Stiftungsrechts. Zwar wolle die neue Koalition die Reform nun endlich angehen, das müsse aber zügig passieren. Der Verband verspricht sich davon weniger Bürokratie, die besonders kleine Stiftungen belaste. Zudem würden Satzungsänderungen sowie die Zusammenlegung mehrerer Stiftungen erleichtert - eine Forderung, die der Verband seit Jahren erhebt. Wichtig sei auch, ein bundeseinheitliches Register zu schaffen. Das ermögliche es Stiftungsvertretern, sich als solche auszuweisen und schaffe zudem Transparenz für Bürger, die gern wissen wollten, wie die gemeinnützigen Institutionen arbeiteten.
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