- Berlin
- Zweckentfremdungsverbot
Wohnungen sind für Mieter da
Novelliertes Zweckentfremdungsverbot im Abgeordnetenhaus beschlossen
Wie «ein löchriger Käse» sei das alte Zweckentfremdungsverbotsgesetz zum Schutz von Wohnraum gewesen«, sagt Grünen-Stadtentwicklungspolitikerin Katrin Schmidberger. Doch das ist nun Geschichte. Am Donnerstag hat das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, LINKEN und Grünen die Novellierung beschlossen. Nun verfüge die Hauptstadt über das schärfste Gesetz bundesweit, so Schmidberger.
Die Änderungen sind vielfältig. Es gibt keine feste Tageregelung mehr für das sogenannte Homesharing, also die Untervermietung der Wohnung an Kurzzeit-Besucher. Ein Abriss von intakten Wohnungen wird nur noch möglich sein, »wenn neuer Wohnraum im gleichen Bezirk zu vergleichbaren Mietpreisen« angeboten wird, sagt SPD-Wohnungsexpertin Iris Spranger. Die LINKEN-Stadtentwicklungsexpertin Katalin Gennburg freut sich, dass nun »enteignungsgleiche Instrumente« zur Verfügung stehen, wenn Eigentümer sich weigern, Wohnraum wieder für seinen eigentlichen Zweck zur Verfügung zu stellen.
Weniger angetan von der Neuregelung ist die LIGA, der Zusammenschluss der Freien Wohlfahrtsverbände. Schon jetzt gebe es »Beispiele, wo Mietverträge aufgrund der geplanten Änderungen des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes nicht zustande kommen«, heißt es in einer Mitteilung vom Mittwoch. Eine ursprünglich vorgesehene Genehmigungsfreiheit für Wohnungen, in denen Kinder- und Jugendhilfeträger ihre Klienten unterbringen, wurde gestrichen. Das ist auch Thema bei der Parlamentsdebatte.
»Wir hatten schon bisher eine Situation, in der eine Genehmigung erforderlich war«, ruft Steffen Zillich, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, in Erinnerung. Man kenne die Situation der Träger und fordere eine abgewogene Konzeption der Privilegierung, sagt er. Statt wie ursprünglich vorgesehen im Gesetz, soll das nun über eine separate Verordnung geschehen. In letzter Minute wurde noch eine entsprechende Änderung im Gesetzestext eingefügt. »Allein die Privilegierung einer Gruppe wirft Fragen auf«, erklärt Zillich. Einerseits sollten soziale Ziele nicht zusätzlich erschwert werden. Gleichzeitig müsse das Gesetz in seinem Kern und seinem Zweck Bestand haben.
Der Berliner Mieterverein begrüßt die Verabschiedung der Neuregelung, CDU, AfD und FDP nicht. »Das Gesetz wird hoffentlich vom Gericht kassiert«, sagt FDP-Stadtentwicklungsexperte Stefan Förster.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!