Für zwölf Euro Kaltmiete in Jena
Große Nachfrage nach exklusiven Wohnlagen
Wer sich in Jena umhört, wer dort für zehn, zwölf Euro Kaltmiete pro Quadratmeter wohnt, bekommt immer wieder das zu hören: Es sind Menschen, die in den florierenden Firmen der Stadt im Management tätig sind. Oder Professoren, die an der Universität arbeiten. Oder Ärzte, die in der Universitätsklinik tätig sind. Alle die also, die nicht jeden Euro zwei Mal umdrehen müssen, wollten exklusiver wohnen. Gerne in Wohnlagen an den Hängen um Jena auf vielen Quadratmetern mit Dachterrasse und Tiefgaragenplatz. Da können für eine 100 Quadratmeter großes Loft schnell 1400, 1500 oder sogar 1600 Euro Warmmiete zusammenkommen. Und weil es eben eine entsprechende Nachfrage nach solchen Wohnungen auch zur Miete gibt, mischen neben den kommunalen Wohnungsunternehmen inzwischen auch private Investoren mit. Doch ist dies eine positive oder eine gefährliche Entwicklung?
Die Antworten sind recht verschieden. »Ich finde es gut, dass sich Menschen das leisten können, weil es zeigt, dass sie ein hohes Einkommen hier bei uns in Jena verdienen«, meint Denis Peisker, Dezernent für Stadtentwicklung in Jena. Damit spielt er freilich darauf an, dass sich Jena auch beim Geld von vielen anderen Teilen Thüringens und Ostdeutschlands abhebt, wo in der Regel nur kleine Gehälter gezahlt werden. Dass die hochpreisigen Wohnungen günstigen Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen verdrängt, will er so nicht gelten lassen. Es gebe solche Wohnungen ausreichend in der Stadt, sagt Peisker. Und die realistische Alternative zu teuren Mietwohnungen auf diesen Grundstücken seien Eigenheime. »Und damit wäre dann gar nichts für den Mietmarkt dort gebaut worden.«
Cornelius Helmert vom Verein Arbeit und Leben Thüringen widerspricht Peisker in dieser Einschätzung zwar nicht völlig, denn es sei ein Stück weit deutsche Normalität, dass Menschen mit besseren Einkommen für ihre Wohnungen oft mehr Geld ausgeben. Doch sieht Helmert inzwischen auch Anzeichen dafür, dass sich der Wohnungsmarkt in Jena spaltet: »Der Ansatz für eine soziale Segregation ist da.« Das gelte vor allem für bestimmte Wohnungstypen. So könne man zwar fast überall im Stadtgebiet Zwei-Raum-Wohnungen für nahezu jedes Einkommen finden, doch Drei- oder Vier-Raum-Wohnungen seien inzwischen in manchen Stadteilen für Normalverdiener nicht mehr zu haben. Das liege auch an den vielen Studenten-WGs in der Stadt: Wenn vier Leute je Zimmer 250 Euro zahlen können, komme eine Mietsumme zusammen, die eine vierköpfig Familie oft nur schwer aufbringen könne. Sebastian Haak
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