Warten auf Brüssel
Gewerkschaft kritisiert Rekommunalisierung der Rostocker Wasserversorgung
Rostock. Gewerkschafter haben Bedenken gegen den zum 1. Juli geplanten Übergang der Wasserver- und Entsorgung in Rostock vom privaten Unternehmen Eurawasser zur kommunalen Nordwasser GmbH. Das hat die IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) bereits Ende Februar in einem Schreiben deutlich gemacht, das unter anderem an die Rostocker Bürgerschaft ging. Sie solle ihre Entscheidung zur Rekommunalisierung überdenken, appellierte Gewerkschaftssekretär Swen Ohlert in dem Schreiben.
Demnach geht die BCE davon aus, dass die EU-Kommission einer Beschwerde des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) entsprechen und den Wechsel von privater zu öffentlicher Hand aufgrund vergaberechtlicher Probleme stoppen könnte. Falls das geschehe, müsse mit Schadensersatzforderungen seitens Eurawasser gerechnet werden. Das wiederum würde sich durch höheres Wasser- und Abwassergeld nachteilig auf die Wasserkunden auswirken. Diese rechnen stattdessen aufgrund Schätzungen von Insidern mit einer Tarifsenkung um rund zehn Prozent durch die Rekommunalisierung.
Die IG BCE erklärt zudem, dass die Kosten bei Eurowasser »erheblich unter dem bekannten Ansatz der Nordwasser« lägen. Es sei zu befürchten, dass die kommunale Gesellschaft keine Gewinne, sondern Verluste einfahren werde, die dann von den Kunden auf dem Weg höherer Gebühren getragen werden müssten. Zudem wird kritisiert, dass für die bisher bei Eurawasser beschäftigten Mitarbeiter, die Nordwasser zu übernehmen verspricht, noch keine konkreten Vereinbarungen mit dem öffentlichen Versorger geschlossen worden seien.
Die Nordwasser-Geschäftsführung, die einen Haustarifvertrag abschließen will, werde die bestehenden Konditionen aufrecht erhalten, bekräftigte Geschäftsführerin Martina Link unlängst. Auch werde die GmbH mit der Gewerkschaft ver.di Kontakt aufnehmen, kündigt Nordwasser-Geschäftsführer Wolf-Thomas Hendrich an. Unterredungen mit der IG BCE werde es nicht geben, nachdem man ihr mehrere Gespräche angeboten habe, der jüngste Termin jedoch von der Gewerkschaft abgesagt worden sein.
Der Beschwerde der Wasser-Lobby bei der EU scheint man bei Nordwasser gelassen entgegen zu sehen. Martina Link hatte dazu erklärt, die Sache sei von Juristen gründlich geprüft worden - diese hätten keine Bedenken gegen das kommunale Modell geäußert. Allerdings soll es im Rathaus ein internes Papier geben, das besagt, zurzeit sei in der Sache »keine abschließende Rechtssicherheit« festzustellen. Sollte das Nordwasser-Modell in Brüssel scheitern, müsse die Bürgerschaft neu beschließen. haju
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