- Politik
- Volksbegehren zum Rauchverbot
Hunderttausende Österreicher fordern rauchfreie Lokale
591.000 Bürger unterstützen Kampagne von Ärztekammer und Krebshilfe, kürzlich gekipptes Rauchverbot doch noch durchzusetzen
Wien. Fast 600.000 Österreicher machen gegen die rechtskonservative Regierung mobil, weil sie ein geplantes Rauchverbot in der Gastronomie gekippt hat. Das sind weit mehr Stimmen, als zur Einleitung eines offiziellen Volksbegehrens zugunsten rauchfreier Lokale notwendig gewesen wären, wie die Initiatoren am Mittwoch mitteilten. Für eine Debatte im Wiener Parlament hätten mehr als 100.000 Unterschriften gereicht.
Die Regierung aus ÖVP und FPÖ hatte das bereits lang geplante generelle Rauchverbot in der Gastronomie kürzlich wieder aufgehoben. Eigentlich wäre das Rauchen in der Alpenrepublik ab Mai nicht mehr geduldet gewesen. Opposition und große Teile der Zivilgesellschaft protestieren seit Wochen gegen das Vorhaben der Regierung.
Die Kampagne von Ärztekammer und Krebshilfe wurde von über 591.000 Bürgern unterstützt. Die Unterschriften wurden nun offiziell dem Innenministerium übergeben. Das muss innerhalb von drei Wochen festlegen, wann das Volksbegehren beginnt.
Die FPÖ, einer der beiden Koalitionspartner, hat sich als nächsten Schritt für eine verbindliche Volksbefragung ausgesprochen, falls 900.000 Stimmberechtigte das Volksbegehren unterstützen.
Das Aus des geplanten Rauchverbots war eine Bedingung der FPÖ in den Koalitionsverhandlungen. Die andere Regierungspartei, die ÖVP von Kanzler Sebastian Kurz, hatte vor drei Jahren noch mit dem damaligen Koalitionspartner, den Sozialdemokraten, das Rauchverbot in der Gastronomie beschlossen.
Kanzler Kurz kündigt Kopftuchverbot an
Unterdessen ging die Rechtskoalition mit dem nächsten Aufregerthema an die Öffentlichkeit: Die Regierung will ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und an Grundschulen durchsetzen. Von einem solchen Verbot verspreche sich die Regierung einen Beitrag zur Vermeidung von »Parallelgesellschaften«, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch im Sender Ö1. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sprach von einer »symbolischen Handlung«, die Österreichs Selbstverständnis als säkularen Staat unterstreiche. Sein Haus soll nun bis zum Sommer einen Gesetzentwurf ausarbeiten.
Der Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, hatte seit Tagen für ein Kopftuchverbot für Mädchen bis zehn Jahren in Kindergärten und an Schulen geworben. Er sprach in diesem Zusammenhang von einer »Integrationsmaßnahme«, welche die freie Entfaltung der Kinder fördere.
Wie viele Mädchen ein solches Kopftuchverbot betreffen würde, ist nicht bekannt. In der Regel beginnen muslimische Mädchen erst mit der Pubertät, Kopftuch zu tragen. Islamverbände in Österreich kritisierten die Regierungspläne. Die Sprecherin der IGGÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich), Carla Amina Baghajati, kritisierte die Pläne als unverhältnismäßig. Sie plädierte für einen Dialog mit Schulen, an denen es Probleme mit dem Kopftuchtragen gebe.
Die im Dezember angetretene und von ÖVP-Chef Kurz geführte österreichische Regierung hat angekündigt, einen harten Kurs in der Migrationspolitik einzuschlagen. Die FPÖ stellt sechs Minister. Unter anderem hat sie die Schlüsselressorts Inneres, Äußeres und Verteidigung inne. Agenturen/nd
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