Putins Geist im Weißen Haus

Russland war ein Hauptthema beim Spitzentreffen von US-Präsident Trump mit baltischen Gästen

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 4 Min.

NATO, Sicherheit, Sanktionen - so sah die Rigaer Tageszeitung »Latvijas Avize« die Agenda eines »speziell organisierten Gipfeltreffens im Weißen Haus« am Dienstagabend (Ortszeit). »Anlässlich des hundertjährigen Bestehens der baltischen Staaten«, wie das national-konservative Blatt schrieb, habe sich US-Präsident Donald Trump mit Kersti Kaljulaid, Raimonds Vejonis sowie Dalia Grybaus-kaite getroffenen, seinen AmtskollegInnen aus Estland, Lettland und Litauen. Wobei ein Fünfter gleichsam mit am Tisch saß: Wladimir Putin.

Die kleinen Nachbarstaaten mit zusammen kaum sechs Millionen Einwohnern fürchten vor allem seit der Krim-Annexion angebliche russische Machtansprüche, obgleich die im Kreml immer wieder bestritten werden. »US Today« fasste die Kernbotschaft Trumps nach einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Gästen von der NATO-Ostflanke dann auch in der Überschrift zusammen: »Ich war hart gegenüber Russland, wünsche mir aber bessere Beziehungen.«

Estland, Lettland und Litauen, die seit ihrer wiedererlangten Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 engsten Schulterschluss mit den USA suchen, traten der NATO trotz scharfer Kritik aus Moskau im März 2004 bei - womit das größte Militärbündnis der Welt sein Territorium bis vor die Haustür des Erzfeindes ausdehnte. Estland und Lettland - in beiden Staaten gibt es zudem starke russische Minderheiten - haben im Osten eine gemeinsame Grenze mit Russland; Litauen grenzt im Westen an die russische Exklave Kaliningrad.

Im Zuge der Ukrainekrise hat die Allianz ihre militärische Präsenz in der Region massiv verstärkt: zusätzliche Verbände im Rahmen der größten Truppenverlegung Richtung Osten seit Ende des Kalten Krieges; deutlich mehr Manöver, bis hin zu einer Art »permanenten Rotation«, die das vertragliche Verbot einer dauerhaften Stationierung an der russischen Grenze umgeht; eine verstärkte Luftraumüberwachung und der Aufbau einer Schnellen Eingreiftruppe. Die Brüsseler Kommission hat gerade angekündigt, man wolle die Brücken und Straßen in der Europäischen Union panzertauglich machen, damit Einheiten zügiger Richtung Osten verlegt werden können.

Die baltischen Paktstaaten erhoffen sich nun mit Blick auf den NATO-Gipfel im Juli weitere Unterstützung des Bündnisses, vor allem bei der Luftverteidigung wie Flugabwehr - und zuförderst vom »Commander in Chief« der US-amerikanischen Streitkräfte. Bei dem von ihm am Dienstag regelrecht abgeforderten Lob für die Ergebnisse seines neuen NATO-Kurses blieben die Staatsgäste jedoch sehr allgemein beschränkt auf Trumps Bemühungen. Sie selbst haben zur Freude der US-Regierung die Militärausgaben in ihrer Heimat deutlich erhöht. Estland gehörte ohnehin zu den wenigen Mitgliedsländern, die den von Trump ultimativ geforderten Zielwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Litauen und Lettland ziehen 2018 nach.

Der US-Präsident nutzte denn auch das Treffen, um erneut scharf gegen Deutschland zu schießen, das seine NATO-Verpflichtungen nicht erfülle - aber »Milliarden nach Russland pumpt«. Gemeint ist die 1200 Kilometer lange Pipeline Nord Stream 2, die auch von den drei baltischen Staaten scharf kritisiert wird. Sie soll künftig unter Umgehung der Ukraine als Transitland über die Ostsee noch mehr russisches Erdgas nach Mittel- und Westeuropa transportieren, bis zu 55 Milliarden Kubikmeter jährlich. Inzwischen liegen alle notwendigen Genehmigungen für den 85 Kilometer langen deutschen Trassenabschnitt vor. Die USA haben selbst starke wirtschaftliche Interessen in der Region. So exportiert man auch Gas nach Polen und Litauen, das gerade einen weiteren Liefervertrag abgeschlossen hat, und wirbt massiv um neue Kunden.

Trump - der in den USA unter dem Verdacht steht, zu schonend mit Putin umzugehen - erklärte nun vor allem mit Verweis auf die ausgewiesenen 60 russischen Diplomaten im Fall Skripal, dass niemand im Umgang mit Russland »härter« gewesen sei als er. Doch halte er trotz des Konflikts um den Giftanschlag auf einen ehemaligen russischen Doppelagenten die Entwicklung einer »sehr guten Beziehung« zum Moskauer Staatschef nach wie vor für möglich. Das wäre eine gute, keine schlechte Sache. Allerdings hat seine Sprecherin Sarah Sanders bestritten, dass Trump in einem Telefonat Putin jüngst ganz konkret zu einem zeitnahen Besuch ins Weiße Haus eingeladen habe, wie der Kreml verbreitet. Das sei alles viel vager besprochen worden.

Eine gute Nachricht in Sachen Russland gibt es für den Präsidenten aber auf jeden Fall: Sonderermittler Robert Mueller hat einem Bericht der »Washington Post« zufolge derzeit keine ausreichenden Belege für eine Anklage gegen Trump wegen mutmaßlicher russischer Einmischungen in den US-Wahlkampf zu seinen Gunsten.

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