Oben und unten
Lena Tietgen über die zerstörerische Kraft des Neoliberalismus
Es wird Zeit, sich von den hohlen Phrasen des Neoliberalismus zu verabschieden. Um die anstehenden, globalen Probleme zu erfassen, brauchen wir gesellschaftliche Vielfalt. Und die ist nicht durch den geltenden Leistungsbegriff zu haben. Zur Vielfalt gehört die Originalität von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf genauso wie die Genialität der neuen »Einsteins«. Zu dieser Vielfalt zählen die ganz vielen Menschen, deren Einmaligkeit in der Art ihrer alltäglichen Umsetzung notwendiger Tätigkeiten besteht, oder diejenigen, die in Ruhe und Gelassenheit für Kontinuität sorgen.
Und damit hat die Aufzählung gerade erst begonnen. Zukunft hat eine Gesellschaft, die hierin Ressourcen sieht, die intelligente Lösungen im Zusammenwirken der Verschiedenheiten anstrebt. Eine, die auf Arterhalt jenseits von Rassismus und Nationalismus setzt. Selektion hemmt diese Entwicklung nur. Und dennoch ist sie ein ernst zu nehmender Faktor, denn der Elitebegriff, wie er auch in der Bildungspolitik gebräuchlich ist, begrenzt den Einzelnen. Abgewandelt könnte man sagen: Die Deprivation der Vielen ist das Kapital der Wenigen.
Dieser inhärenten zerstörerischen Kraft muss etwas entgegengesetzt werden. Hier ist die Politik gefordert. Die ersten Schritte könnten heißen: Verpflichtung der Gymnasien zur Inklusion, Ausbau der Gemeinschaftsschule zur Regelschule (und zwar bundesweit!), Sensibilisierung der Lehrkräfte für Vielfalt, gleichwertige digitale Ausstattung von Schulen. Aber auch die Gesellschaft ist gefordert. Sie muss dafür sorgen, dass der Leistungsbegriff durch den der gesellschaftlichen Verantwortung ersetzt wird.
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