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Mit Rechten reden

CDU-Rebellen beschließen »konservatives Manifest« und werden von der Parteispitze zum Dialog eingeladen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit innerparteilichen Aufständen haben CDU und CSU bisher keine großen Erfahrungen gemacht. Im Unterschied zu anderen Parteien gehört es zum Selbstverständnis der Konservativen, dass Langzeitherrscher wie Helmut Kohl, Angela Merkel, Franz Josef Strauß oder Horst Seehofer an der Spitze stehen und diese erst wieder verlassen, wenn der Erfolg bei den Wählern ausbleibt. Große inhaltliche Kontroversen waren in den obrigkeitshörigen Parteien lange verpönt.

Seit dem Aufstieg der AfD ist das anders. Einige Basismitglieder der Union in Schlips, Kragen und feinem Zwirn haben vor einem Jahr die »Werteunion« gegründet und gelten seitdem als Parteirebellen. Am Samstag haben sie sich in Schwetzingen, das im Norden Baden-Württembergs liegt, getroffen und dort einen Forderungskatalog ausgearbeitet. Darin heißt es, dass die Ehe und Familie sowie das Leitbild »Vater, Mutter, Kinder« die wichtigsten Grundlagen der Gesellschaft seien. Die »Werteunion« hat aber nicht nur für christlich-konservative Kreise etwas zu bieten, sondern auch für Unternehmer, Zuwanderungsgegner und Freunde des Militärs sowie der Extremismustheorie. Die Wehrpflicht solle wieder eingeführt, die doppelte Staatsbürgerschaft abgeschafft und für »Entlastungen« bei den Sozialabgaben gesorgt werden, fordert die »Werteunion«. Zudem müssten rechte, linke und islamistische Extremisten »mit Nachdruck bekämpft werden«.

Sonderlich neu klingt das alles nicht. Denn im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es bereits, dass die Sozialabgaben »im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern« bei unter 40 Prozent stabilisiert werden sollten. An der Wehrpflicht wollen die Koalitionäre nicht rütteln. Vielmehr dreht sich die schwarz-rote Debatte darum, wie die Truppe in nächster Zeit hochgerüstet werden kann.

Der Vorsitzende der »Werteunion«, Alexander Mitsch, legte bereits vor dem Treffen in Medieninterviews nach. Er erhob die Forderung, dass CDU-Chefin Angela Merkel bei der Wahl zum Vorstand im Herbst nicht wieder antreten und so den Weg für eine »Erneuerung der Partei« freimachen sollte. Mitglieder der »Werteunion« machen sich schon lange für eine Trennung von Kanzlerschaft und CDU-Vorsitz stark. Einen konkreten Personalvorschlag haben sie allerdings noch nicht unterbreitet.

Fraglich ist, ob die »Werteunion« nicht auch für die Parteispitze der Union recht nützlich ist. Denn sie ist bislang eine Art Meckerstammtisch, an dem unzufriedene Unionsmitglieder ihre Wut über die Partei ausleben können und möglicherweise somit daran gehindert werden, zur AfD zu wechseln. Eine große Gefahr für die Führung der CDU ist die Strömung nicht. Das zeigte sich etwa beim Bundesparteitag im Februar, als nur 2,7 Prozent der Delegierten gegen die Fortsetzung von Schwarz-Rot stimmten. Später schrieb die »Werteunion« auf ihrer Website trotzig, dass bei diesem Ergebnis nicht die Stimmen derer mitgezählt worden seien, die nicht mehr anwesend waren beziehungsweise sich enthalten wollten. Für die rechten Konservativen ist die SPD ein rotes Tuch. Die »Werteunion« hätte lieber eine Minderheitsregierung mit ihren neoliberalen Kollegen von der FDP gesehen, um in dieser Konstellation härter gegen Geflüchtete vorgehen zu können und Steuern für Unternehmen zu senken.

Das Dissidentengefühl der Gruppe wurde durch einen Bericht verstärkt, wonach ihre Mitglieder am Rande des Parteitags von einem Delegierten der CDU als »Faschisten« bezeichnet worden sein sollen. Überraschend ist das nicht, wenn man bedenkt, dass die »Werteunion« mit Hinrich Rohbohm auch einen Reporter der rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit« in ihren Reihen hat, der vor einigen Jahren in der niedersächsischen Kommunalpolitik von seinen CDU-Kollegen entmachtet wurde.

Obwohl die »Werteunion« mit vielen ihrer Maximalforderungen chancenlos ist, hat sie dafür gesorgt, dass sich die Union weiter nach rechts bewegt. Hoffnungen setzen sie etwa auf den neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer. Dessen Behauptung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, hatte Alexander Mitsch erfreut zugestimmt. Auch die Ausweitung der Grenzkontrollen ist nach seinem Geschmack.

Zwiespältig ist das Verhältnis der »Werteunion« zum Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Der CDU-Mann hatte die Herzen rechter Unionspolitiker mit deutschtümelnden Äußerungen und abfälligen Bemerkungen über Hartz-IV-Betroffene höher schlagen lassen, ist aber auch ein Verfechter der Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare und will perspektivisch ein Bündnis mit den Grünen im Bund vorbereiten. Diese beiden Punkte sehen in der »Werteunion« viele kritisch. Nichtsdestotrotz wurde ein in Schwetzingen verlesenes Grußwort von Spahn von den rund 100 Teilnehmern mit Beifall quittiert.

Die Führungsmitglieder der CDU wollen die »Werteunion« nicht mehr ignorieren. Bei dem Treffen in Schwetzingen war mit dem Generalsekretär der baden-württembergischen CDU, Manuel Hagel, immerhin die zweite Garde der Partei als Gast vertreten. In der rechten Strömung selbst treten Basismitglieder Hinterbänkler oder Politiker in Erscheinung, die ihre politische Laufbahn schon hinter sich haben wie etwa der frühere hessische Justizminister Christean Wagner.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer lud die rechte Gruppe zum Gespräch ein. »Bei unserem beginnenden Grundsatzprogramm-Prozess wird es viele Möglichkeiten für unsere Mitglieder geben, sich in die Debatten einzubringen«, betonte sie am Samstag gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Alexander Mitsch sagte, die »Werteunion« freue sich auf den Dialog.

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