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  • Großeinsatz gegen Umweltaktivisten

2500 Polizisten gegen 250 Besetzer

Frankreichs Regierung lässt das Gelände Notre-Dame-des-Landes gewaltsam räumen

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Um 3:30 Uhr in der Früh rollen am Montag die ersten Polizeiautos und Räumpanzer heran. Ihre Aufgabe: Die Räumung des besetzten Geländes in Notre-Dame-des-Landes bei Nantes. Hier sollte nach Plänen, die bis ins Jahr 1972 zurückreichen, ein neuer Großflughafen für den Westen Frankreichs gebaut werden. Doch nach zahlreichen Prozessen und Petitionen von Gegnern und angesichts des anhaltenden Widerstands vor allem von Umweltschützern hat die Regierung im vergangenen Januar endgültig auf die Baupläne verzichtet.

Die Besetzer, die das Gelände ZAD (Zone à défendre - zu verteidigende Zone) nannten, hatten hier in den vergangenen Jahren insgesamt 97 Häuser und Hütten gebaut, in denen mehr als 150 von ihnen dauerhaft lebten. Ihnen hatten die Behörden zuvor drei Monate Zeit zum freiwilligen Abzug gelassen. Diese Frist ist jetzt abgelaufen und die Regierung demonstriert Härte. Unter Einsatz von Tränengas rückten mehr als 2500 Polizisten vor und trieben die schätzungsweise 250 bis 300 Besetzer vor sich her. Die wehrten sich mit Steinen, ein Polizist wurde am Auge verletzt.

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Um das Vorrücken der Polizei zu behindern, wurden Reifen und Barrikaden angezündet. Die Scharmützel hielten über Stunden an, allerdings mussten sich die Besetzer angesichts der Übermacht zurückziehen und eine Position nach der anderen aufgeben. Den Weisungen des Innenministers folgend wurde niemand verhaftet, aber die Ordnungskräfte zwangen die Bewohner der ZAD zum Verlassen ihrer provisorischen Unterkünfte. Diese wurden umgehend mit Baggern und Planierraupen zerstört und die Trümmer angezündet.

Bis Mittag waren bereits ein Dutzend Häuser und Hütten sowie zahlreiche Barrikaden und andere Hindernisse dem Boden gleichgemacht. Bis alle Bauten abgerissen sind, werden noch Tage vergehen. Damit soll verhindert werden, dass die Besetzer wie angekündigt und bei einer ähnlichen Räumungsaktion 2012 praktiziert, nach Abzug der Polizei zurückkommen und ihre Widerstandssiedlung neu aufbauen. Da der auf nahezu 100 Personen geschätzte »harte Kern« der Besetzer größtenteils aus »Ultralinken« oder »Autonomen« besteht, die den Staat herausfordern wollen, ist damit zu rechnen, dass die Zusammenstöße vor Ort noch tage- oder wochenlang anhalten. Die Polizei ist angehalten, »maßvoll« vorzugehen, da man ein Drama wie 2014 im südfranzösischen Sivens vermeiden will, wo bei Protesten gegen einen geplanten Talsperrenbau ein Umweltschützer durch einen von der Polizei geworfenen Sprengkörper tödlich verletzt wurde.

Den jetzt in Notre-Dame-des-Landes ausgewiesenen und ihrer Unterkünfte beraubten ZAD-Bewohnern wurden Ersatzwohnungen angeboten, die aber keiner von ihnen angenommen hat, erklärte Nicole Klein, die vor Ort anwesende Präfektin des Departements Loire-Atlantique.

Für Montagnachmittag hatten Umweltvereine sowie linke Parteien und Bewegungen zu Demonstrationen in den nahen Großstädten Nantes und Rennes aufgerufen, um ihre Unterstützung für die Besetzer der ZAD zu bekunden. Da diese Demonstrationen von den Behörden nicht genehmigt waren, wurde auch hier mit Zusammenstößen gerechnet.

Die große Masse der Flughafengegner sah im Januar, als die Regierung den Bau aufgegeben hat, ihr Ziel erreicht. Ein Teil der Besetzer forderte anschließend, ihnen einen Teil von den 1600 Hektar, die als Bauland für den Flughafen vorgesehen und daher durch den Staat enteignet worden waren, zu überlassen.

Viele haben hier in den Jahren des Widerstands biologische Landwirtschaft betrieben, regional vermarktet und für die Selbstversorgung. Diese alternative und nachhaltige Nutzung des Landes solle durch die Behörden respektiert und dadurch anerkannt werden, fordern die Besetzer und die sie unterstützenden Vereinigungen. Die Voraussetzungen dafür seien gut, da nur wenige der Bauern, die vor Jahren durch den Staat enteignet wurden, ihr Land und ihre Höfe zurückkaufen wollen.

Die Besetzer verweisen dabei auf das Beispiel Larzac. Auf der Hochebene südlich des französischen Zentralmassivs wollte die Armee vor 40 Jahren ein Übungsgelände erweitern. Dagegen haben die wenigen Bauern vor Ort protestiert und wurden dabei von der seinerzeit erst im Entstehen begriffenen Umweltbewegung unterstützt. Der »Kampf um Larzac« hat viele tausend Menschen mobilisiert, die den Staat schließlich zum Einlenken zwangen. Nach der Wahl von François Mitterrand 1981 wurde die Erweiterung des Übungsgeländes aufgegeben und das Gelände für 50 Jahre einer Genossenschaft interessierter junger Franzosen zur Nutzung überlassen. Die haben sich seitdem dort Höfe gebaut und betreiben biologische Landwirtschaft oder halten Ziegen und Schafe, um aus der Milch Käse herzustellen.

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