Die Perfektionistin macht Schluss

Olympiasiegerin Lena Schöneborn hatte den Modernen Fünfkampf wieder zum Leben erweckt

  • Uli Schember, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach mehr als einem Jahrzehnt in der absoluten Weltspitze ist für Lena Schöneborn Schluss: Die Olympiasiegerin im Modernen Fünfkampf beendet ihre bemerkenswerte Karriere. »Ich habe nach längerer Bedenkzeit entschieden, dass nun der Zeitpunkt für den nächsten Lebensabschnitt gekommen ist«, sagte die 31-Jährige: »Jetzt freue ich mich auf neue Herausforderungen außerhalb des Leistungssports.«

Schöneborn war seit ihrem Triumph bei den Sommerspielen in Peking 2008 die deutsche Vorzeige-Fünfkämpferin, die Botschafterin einer ganzen Sportart. Und das Gold in China war längst nicht der einzige Erfolg der gebürtigen Troisdorferin. Siebenmal wurde Schöneborn Welt- und sechsmal Europameisterin. »Der Moderne Fünfkampf hat mich über eine lange Zeit geprägt. Ich bin unendlich dankbar für die tollen Erfahrungen, Begegnungen und Erfolge, die mir der Sport gegeben hat«, sagte die Ausnahmeathletin, die erst mit 14 in den vielseitigen Sport eingestiegen war. Acht Jahre später schrieb sie bereits olympische Geschichte.

Beim Goldcoup von Peking holte Schöneborn die erste deutsche Medaille in der Sportart seit 72 Jahren - Gotthardt Handrick hatte 1936 in Berlin ebenfalls Gold gewonnen. Mit ihrem Sieg verschaffte Schöneborn dem Fünfkampf einen kleinen Popularitätsschub und rückte selbst immer häufiger in den Fokus. Bei der Abstimmung über den Fahnenträger der deutschen Olympiamannschaft in Rio de Janeiro 2016 unterlag sie nur knapp dem Tischtennisstar Timo Boll.

Es war nicht die einzige Enttäuschung bei ihren dritten und letzten Olympischen Spielen. Schöneborn belegte nach vier Verweigerungen des ihr zugelosten Pferds »Legende« den 32. Platz, vier Jahre zuvor hatte es in London für die Titelverteidigerin auch lediglich zu Rang 15 gereicht.

Jetzt sucht die langjährige Weltranglistenerste, die im September den Fünfkämpfer Alexander Nobis geheiratet, ihren Mädchennamen aber behalten hat, neue Aufgaben. Schöneborn will sich stärker auf ihre berufliche Karriere konzentrieren. Seit 2014 ist die studierte Betriebswirtin bei einer Marketing-Agentur in Berlin angestellt.

»Lena Schöneborn ist über viele Jahre das Gesicht unserer Sportart gewesen, und wir haben ihr sehr viel zu verdanken. Mit ihr verbinden wir unzählige Sternstunden und großartige Erfolge«, sagte Michael Scharf, Präsident des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf (DVMF). »Lena war und ist ein Vorbild weit über den Modernen Fünfkampf hinaus.«

Auch Chef-Bundestrainerin Kim Raisner zog nach zwölf gemeinsamen Jahren ein durchweg positives Fazit: »Ich bin froh und stolz darauf, Lena seit 2006 sportlich begleitet zu haben. Sie ist eine herausragende Athletin, die im Training und Wettkampf immer unglaublich fokussiert gewesen ist. Eine Perfektionistin im positivsten Sinne.«

Zu ihrem Sport kam Schöneborn durch einen Zufall. Weil das Bad in ihrer Heimatstadt Niederkassel im Rhein-Sieg-Kreis renoviert wurde, absolvierte die Nachwuchsschwimmerin ein Probetraining bei den Modernen Fünfkämpfern der SSF Bonn. Dort erkannte Landestrainer Kersten Palmer ihr Talent.

2004 gab Schöneborn ihr Weltcup-Debüt, abgesehen von den Jahren 2006 und 2008 holte sie bis 2017 in jedem Jahr mindestens eine EM- oder WM-Medaille. Ihr letztes Highlight war im Vorjahr bei den Weltmeisterschaften in Kairo Staffel-Gold an der Seite von Annika Schleu. Nun ist die Zeit vorbei, in der ihre volle Aufmerksamkeit dem Pistolenschießen, Degenfechten, Schwimmen, Springreiten und Laufen galt. SID/nd

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