Die Ghouta
Der Garten Eden Syriens
Die Ghouta war einst ein Naherholungsgebiet für die Einwohner von Damaskus. Ghouta bedeutet »Oase«, hier sprudelten die Wasser des Barada-Flusses, Wälder und Wiesen luden zum Verweilen ein. Reisende, Schriftsteller, Dichter besangen das Gebiet als »Paradies auf Erden«.
Der so üppig beschriebene Grüngürtel von Damaskus teilte sich in die östliche Ghouta, die sich entlang der Verbindungsstraße nach Homs erstreckte, in die südliche und westliche Ghouta, die bis zu den Golan-Höhen reichte.1925 sammelte sich in der Ghouta der Widerstand gegen die französische Mandatsherrschaft, der blutig niedergeschlagen wurde.
Die Ghouta bestand ursprünglich aus vielen Dörfern, die ihre eigene Geschichte haben. In Jobar zum Beispiel, nur knapp drei Kilometer von der Altstadt von Damaskus entfernt, steht bis heute eine der ältesten Synagogen des Mittleren Ostens. Das Gebäude blieb erhalten, obwohl sich viele Juden von Jobar ab dem 7. Jahr-hundert dem Islam zuwandten.
Seit den 80er Jahren - während der großen Entwicklungsphase Syriens - ließen sich besonders in der östlichen Ghouta Handwerks- und Industriebetriebe nieder. Es folgten Werkstätten, Labors, wissenschaftliche und medizinische Einrichtungen, die mit der Universität von Damaskus verbunden waren, Krankenhäuser. Der größte Busbahnhof von Damaskus lag hier, Autohäuser aus aller Welt bauten Glaspaläste entlang der Schnellstraße, die in die Autobahn in Richtung Homs, Hama und Aleppo übergeht. Das Lager Al-Wafideen bot rund 25 000 Menschen Zuflucht, die selbst oder deren Vorfahren 1967 von der israelischen Armee vom syrischen Golan vertrieben worden waren.
Landflucht und Bevölkerungszuwachs ließen um die kleinen Dörfer der einstigen Idylle neue Satellitenstädte entstehen. Rund drei Millionen Menschen lebten in der östlichen Ghouta offiziell vor Beginn des Krieges 2011, die wirkliche Zahl könnte höher gewesen sein. Die meisten der Menschen flohen Ende 2011/Anfang 2012, als regierungsfeindliche Milizen in der östlichen Ghouta die Kontrolle übernahmen. Die Zivilisten, die blieben, waren zumeist Angehörige der Kämpfer, Personen, die keine Angehörigen in Damaskus-Stadt hatten oder die zu krank und zu alt waren, um zu fliehen. Es waren Leute, die ihr Eigentum nicht verlassen wollten, oder sie gehörten einer zivilen Oppositionsgruppe an, die mit Unterstützung aus dem Ausland auf einen Sturz der syrischen Regierung hofften.
Die größte dieser Satellitenstädte ist Douma, etwa zehn Kilometer nordöstlich von Damaskus-Stadt entfernt. Vor dem Krieg lebten dort offiziell 120 000 Einwohner. Viele Männer aus Douma verdienten ihr Geld in der Bau- und Ölindustrie in den Golfstaaten. Manche wurden Vermittler für Firmen aus dem Golf oder Subunternehmer. Neben dem Geld brachten sie auch ultrakonservatives Gedankengut aus den Golfstaaten mit nach Syrien, das dort in Moscheen und Koranschulen vermittelt wurde. In Douma bauten die Golfstaaten nicht nur ideell und religiös, sondern auch wirtschaftlich eine Basis auf, die erst im Frühjahr 2011 richtig sichtbar wurde, als die Proteste begannen. Karin Leukefeld
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