Eine magische Nacht
Nach 1:4 im Hinspiel: AS Rom wirft den FC Barcelona mit 3:0 aus der Champions League. Die Stadt spielt verrückt, das Team träumt vom Titel, die Klubaktie steigt mächtig
Stattliche Römer weinten wie kleine Jungs auf dem Rasen des Stadio Olimpico. Ex-Capitano Francesco Totti schrie sich auf der Tribüne die Lunge aus dem Leib. Gesänge der Tifosi schallten durch die Gassen, Hupkonzerte durch die Hauptstraßen. AS bescherte Rom und dem angeschlagenen italienischen Calcio durch seinen Erfolg gegen den großen FC Barcelona endlich wieder eine »notte magica« - eine magische Nacht.
»Die ganze Stadt spielt verrückt«, kommentierte die »Gazzetta dello Sport« den Ausnahmezustand nach dem 3:0 der »Giallorossi« im Viertelfinalrückspiel der Champions League gegen den viermaligen Titelträger. Dass der Tabellenvierte der Serie A das 1:4 aus dem Hinspiel noch drehen konnte und erstmals das Halbfinale des Wettbewerbs erreicht hat, war für die Zeitung »Il Fatto Quotidiano« der »wahrscheinlich größte Abend in der Geschichte der Roma«.
Das sah auch Klubchef James Pallotta so. Der US-Amerikaner sprang unter dem Jubel der Fans in einen historischen Brunnen auf der Piazza del Popolo - dem »Brunnen der Löwen«. Dass ein Verbraucherschutzbund deshalb Anzeige erstatte und die Stadt aufforderte, auch von Pallotta die übliche Strafe von 500 Euro für das Baden in römischen Brunnen einzuziehen, dürfte dem Milliardär ziemlich egal sein. Die Entschuldigung bei Bürgermeisterin Virginia Raggi und die Zusage der Strafzahlung fiel ihm nicht schwer.
Schließlich ist die AS-Aktie zu Beginn des Handels am Mittwoch an der Mailänder Börse um 22 Prozent gestiegen. Aufgrund der starken Kurssprünge musste der Handel vorübergehend ausgesetzt werden. Nach Berechnungen des »Corriere dello Sport« spült der Halbfinaleinzug 77,1 Millionen Euro in die Kassen.
Dabei hatten nicht einmal die kühnsten Optimisten im Land des viermaligen Weltmeisters, der bei der WM-Endrunde in Russland zuschauen muss, mit dem Erfolg gerechnet. Der dreimalige italienische Meister ist erst der dritte Klub nach Deportivo La Coruna und Barcelona, der einen Rückstand von drei oder mehr Toren nach dem Hinspiel drehen konnte.
Doch die Römer, die 1984 das Finale des Vorgängerwettbewerbs (Europacup der Landesmeister) im heimischen Stadion gegen den FC Liverpool im Elfmeterschießen verloren und auch 1991 aus den Endspielen um den UEFA-Cup gegen Inter Mailand als Verlierer hervorgingen, wollen mehr. Der Titel soll her.
»Warum sollten wir nicht daran glauben? Wer soweit gekommen ist, der kann es schaffen«, sagte Trainer Eusebio Di Francesco, dessen Schützlinge erst am Samstag nach einem 0:2 gegen den AC Florenz gnadenlos ausgepfiffen worden waren. »Wir genießen einen großen Moment«, äußerte der Coach, der am Sonntag im Derby gegen Lazio vor der nächsten Herausforderung steht: »Aber das reicht uns noch nicht. Unser Ziel muss das Endspiel sein - basta!«
Zuvor hatten der frühere Wolfsburger Edin Dzeko mit seinem sechsten Treffer im laufenden Wettbewerb (6.), Kapitän Daniele De Rossi per Foulelfmeter (58.) und Kostas Manolas (82.) für das »Wunder von Rom« gesorgt. De Rossi und Manolas hatten auch im Hinspiel getroffen - ins eigene Tor. SID/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.