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Streit um Finanzierung der beitragsfreien Kita

Der Bildungsausschuss des Landtags hörte die Kommunen und die Wohlfahrtsverbände an

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Ankündigung der rot-roten Koalition, ab Sommer 2018 die Elternbeiträge für das letzte Kitajahr vor der Einschulung abzuschaffen, stößt nicht auf ungeteilte Begeisterung. Von verschiedenen Seiten wird der Verdacht geäußert, der finanzielle Ausgleich des Landes für die wegfallenden Beitragseinnahmen sei, so wie er jetzt geplant sei, kein vollständiger Ausgleich. Auch prinzipielle Kritik wurde am Donnerstag bei einer Anhörung im Bildungsausschuss des Landtags laut. Der Städte- und Gemeindebund erwartet einen vollständigen Kostenausgleich durch das Land. Mit dem gegenwärtigen Entwurf sehe er das nicht als gegeben an, sagte Geschäftsführer Jens Graf. Man müsse bedenken, dass viele Eltern ihre Kinder länger in der Kita betreuen lassen, als bei den Personalkosten berechnet werde. Das Land plant, die Finanzierung der Kinderbetreuung für 7,5 Stunden am Tag zu übernehmen. Damit nicht genug: Fast überall müssten derzeit zusätzliche Kitaplätze geschaffen werden, weil inzwischen 30 Prozent mehr Kinder zur Welt kommen, als vor zehn Jahren vorhergesagt, erklärte Graf. Und seit 2007 seien die Löhne der Erzieherinnen zwischen 30 und 50 Prozent gestiegen.

Als »Schritt in die richtige Richtung, aber viel zu kurz«, charakterisierte Jutta Schlüter vom Landkreistag den vorliegenden Gesetzentwurf. Sie sieht die Gefahr, dass die Abrechnung sehr bürokratisch wäre und die Verwaltungen überfordern würde.

Als »falsche Prioritätensetzung« bezeichnete Andreas Kaczynski von der Liga der Wohlfahrtsverbände, wie die Koalition den Einstieg in die komplette Beitragsfreiheit plane. Auch wenn die Liga es grundsätzlich begrüßen würde, wenn Bildung und Erziehung für die Eltern kostenlos sei, drohe dadurch, dass dringende Qualitätsverbesserungen in den Kitas auf der Strecke bleiben. Ohnehin zweifle er an sozialpolitischen Effekten der Beitragsfreiheit, da heute schon 97 Prozent der Vorschulkinder Kitas besuchen, sagte Kaczynski.

Es müssten mindestens 25 Prozent mehr Stellen veranschlagt werden als vorgesehen, meinte Anne Baaske, Landesgeschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt. Denn wegen Krankheit, Urlaub und Weiterbildung müsse eine Krippenerzieherin in Wirklichkeit nicht nur fünf oder sechs, sondern neun oder zehn kleine Kinder betreuen.

Auch die Volkssolidarität mahnte eine auskömmliche Finanzierung an. Die Vorstandsvorsitzende Ines Große begrüßte die Beitragsfreiheit im letzten Kitajahr »als einen ersten, richtigen Schritt«. Gleichzeitig müsse aber sichergestellt sein, dass die Summen ausreichen, um eine gute Betreuung und Erziehung zu gewährleisten. In einem Flächenland wie Brandenburg müssen Eltern oft lange Wege zur Arbeitsstelle zurücklegen und können ihre Kinder oft erst später aus der Kita abholen, erläuterte Große. Dies müsse bei der Finanzierung des Personals berücksichtigt werden. Die Volkssolidarität betreibt schon lange nicht mehr nur Seniorenheime, sondern in Brandenburg auch 16 Kindertagesstätten.

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