- Kultur
- Echo-Verleihung
Preisträger geben Auszeichnung zurück
Notos Quartett: Auszeichnung »nichts mehr als ein Symbol der Schande« / Sänger Peter Maffay fordert Rücktritt der Verantwortlichen
Berlin. Die Gewinner des »Echo Klassik 2017« haben ihre Auszeichnung aus Protest gegen die Ehrung der Rapper Kollegah und Farid Bang zurückgegeben. Bis vor kurzem sei der Echo für sie »der renommierteste und größte Musikpreis Deutschlands« gewesen, erklärte das Notos Quartett aus Berlin am Sonntag auf Facebook. »Die Tatsache, dass nun eben dieser Preis offenen Rassismus toleriert, ihm gar eine Plattform bietet und ihn auszeichnet, ist für uns nicht tragbar«, hieß es weiter.
Über die Entscheidung der Verantwortlichen, »antisemitisches und menschenverachtendes Gedankengut sowie die Verhöhnung von Opfern des Holocaust mit einem Preis zu würdigen«, zeigten sich die Berliner Musiker »zutiefst erschüttert«. Die Echo-Auszeichnung sei für sie nun »nichts mehr als ein Symbol der Schande« und werde zurückgegeben. Das Notos Quartet war im Oktober 2017 als Nachwuchskünstler des Jahres mit dem »Echo Klassik« geehrt worden.
Auch der Musiker und Grafiker Klaus Voormann gibt seine Auszeichnung, die er am Donnerstag für sein Lebenswerk erhalten hat, zurück. Damit wolle er »sein Unverständnis ausdrücken gegenüber der Verantwortungs- und Geschmacklosigkeit aller verantwortlichen Beteiligten, die es nicht geschafft haben, rechtzeitig Konsequenzen zu ziehen«, erklärte der Künstler. Voormann arbeitete mit John Lennon, Lou Reed und Manfred Mann zusammen. Für das Beatles-Album »Revolver« hat er das Cover angefertigt.
Kollegah und Farid Bang waren am Donnerstagabend für ihr Album »Jung, Brutal, Gutaussehend 3« in der Kategorie Hip-Hop/Urban National ausgezeichnet worden, obwohl bereits ihre Nominierung auf großen öffentlichen Protest gestoßen war. Einzelne Textstellen der Rapper werden als antisemitisch kritisiert. In ihrem aktuellen Album findet sich etwa die Textzeile »Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow«. Auf der Bonus-EP des Albums heißt es im Song »0815« zudem: »Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen«.
Die Auszeichnung der Rapper sorgte für eine Welle der Empörung. Bei der Verleihung selber richtete Preisträger Campino von den »Toten Hosen« kritische Worte an die beiden Rapper. In den vergangenen Tagen hatte ein jüdischer Rapper von seinen Erlebnissen mit Judenfeindlichkeit berichtet. Berlins Kultursenator Klaus Lederer und die linken Rapper von Antilopen Gang sahen ein »Zeitgeistproblem« in der Tatsache, dass reaktionäre Inhalte ein Millionenpublikum erreichen und von diesem gekauft werden.
Unterdessen hat der Sänger Peter Maffay einen Rücktritt der Verantwortlichen gefordert. »Zur Tagesordnung jetzt überzugehen, geht nicht. Es muss eine Aufarbeitung geben«, schrieb Maffay am Montag auf seiner Facebook-Seite.
Die Verantwortlichen erklärten inzwischen, der Vorfall dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben. Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Musikindustrie, Florian Drücke, kündigte an, dass der Preis nach einer Entscheidung des Vorstands überarbeitet werden solle, »was die umfassende Analyse und die Erneuerung der mit der Nominierung und Preisvergabe zusammenhängenden Mechanismen einschließt«. Details wurden aber noch nicht genannt.
Das reiche nicht aus, kritisierte Maffay. »Die Konsequenz aus den Vorfällen sollte sein: Die Verantwortlichen nehmen ihren Hut und an ihre Stelle treten glaubhafte Personen, die für die Zukunft die nötige Transparenz garantieren«, schrieb er.
Lesen Sie auch: Vorsicht, hier kommt ein Tabubruch! – Rap, Schunkelrock und der Musikpreis »Echo«
Die Verleihung sei gerade angesichts der deutschen Vergangenheit eine »Ohrfeige für das demokratische Verständnis in unserem Land«, so Maffay. Zudem habe sich der Echo zu einem reinen Vermarktungsmodell entwickelt. »Es geht um Geld, um Marktanteile und um Selbstdarstellung. Die Künstler selbst sind nur noch Statisten.« Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.