Die Punktlandung des Paten
Montenegros Dauerregent Milo Djukanovic ist die anvisierte Rückkehr geglückt
Wieder einmal stimmten hupende Autokorsos in der sonst so verschlafenen Hauptstadt Podgorica das Loblied auf Montenegros Dauerregenten an. »Milo, Milo!« riefen seine Anhänger ihrem hochgewachsenen Idol zu, als Milo Djukanovic nach erfolgreich geschlagener Präsidentschaftswahlschlacht in der Wahlnacht zum Montag endlich zum Mikrofon schritt. Nur der Umgang mit der Champagnerpulle schien für den Wahlseriensieger noch immer nicht zur Routine geworden.
Mit dem Taschentuch tupfte sich der erst 56-Jährige das unglücklich versprühte Siegesnass von Antlitz und feinem Zwirn, ehe sich »Zar Milo« nach der geglückten Rückkehr im standesgerechten Hoheitsplural seinem jubelnden Anhang zuwandte: »Wir haben unser Versprechen erfüllt - und in der ersten Runde einen historischen Sieg für die europäische Zukunft Montenegros errungen: Wir sind eine unschlagbare Koalition!«
Sechs Mal war der Chef der regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten - DPS - bereits Premier. Und mit 53,8 Prozent der Stimmen hat sich der machtbewusste Strippenzieher nun nicht nur wie erwartet zum zweiten Mal das Präsidentenamt gesichert, sondern auch seine bereits seit 1991 währende Ära um weitere fünf Jahre verlängert: Der von hoher Arbeitslosigkeit und blutigen Mafia-Abrechnungen gebeutelte EU-Anwärter bleibt damit der einzige ex-sozialistische Transformationsstaat Ost- und Südosteuropas, in dem es seit der Einführung des Mehrparteiensystems noch nie zu einem Machtwechsel gekommen ist.
Das Wahlergebnis sei eine »Bestätigung von Montenegros Entschlossenheit«, den Weg zu europäischem Lebensstandard und »vollwertiger EU-Mitgliedschaft« fortzusetzen, verkündete Montenegros mächtiger Mann nach dem erneut von zahlreichen Unregelmäßigkeiten überschatteten Urnengang. An dessen Stelle würde er »sich schämen, statt zu feiern«, schäumte hingegen der zweitplatzierte, unabhängige Oppositionskandidat Milan Bojanic (33,5 Prozent). Djukanovic habe den Staat schon lange »gekapert«: Doch er werde weiter für die Befreiung Montenegros von Djukanovic und dessen »Diktatur« kämpfen.
Als Garant der West-Integration des NATO-Neumitglieds wird der sogenannte Pate von Podgorica zwar in Brüssel und Washington geschätzt. Trotz dessen erneuter Punktlandung dürften sich mit seinem Verbleib auf der Kommandobrücke die strukturellen Probleme des als Eldorado von Geldwäschern und Drogenclans geltenden Landes indes kaum verkleinern. Zwar hat der Adriastaat beim zähen EU-Beitrittsmarathon bereits 28 von 33 Verhandlungskapitel eröffnet. Doch florierende Korruption, Mafiamachenschaften, Mediengängelung und fehlende Rechtssicherheit sind kaum Pfunde, mit denen es sich bei eher erweiterungsmüden EU-Partnern wuchern lässt: So wie Montenegro derzeit beschaffen ist, scheint deren einstimmige Zustimmung für den von Brüssel für 2025 in Aussicht gestellten Beitritt illusorisch.
Auch innenpolitisch könnte die Verlängerung der Ära von Djukanovic nur zu einer bedingten Befriedung führen. Während seiner ersten Präsidentschaft (1998 bis 2002) hatte er - ähnlich wie Serbiens heutiger Präsident Aleksandar Vucic - das Machtzentrum kurzerhand vom Regierungssitz in den Präsidentenpalast verlagert. Sein gespanntes Verhältnis zum derzeitigen Premier und stellvertretenden DPS-Chef Dusko Markovic dürfte sich im neuen Amt kaum verbessern. Fraglich ist, ob sich der vor zwei Jahren von Djukanovic als Statthalter installierte Premier nun klaglos zum Grüßgottonkel degradieren lässt: Neue Spannungen in den unruhigen Reihen der DPS scheinen absehbar.
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