Bundesweite Rotlicht-Razzia

Über 100 Festnahmen bei Aktion gegen Bordell-Netzwerk

  • Lesedauer: 3 Min.

Siegen. Mit ihrer bisher größten Razzia hat die Bundespolizei ein Bordell-Netzwerk zerschlagen, dessen Drahtzieher Hunderte Menschen aus Thailand nach Deutschland geholt haben sollen. Etwa 1500 Beamte durchsuchten am Mittwoch 62 Bordelle und Wohnungen in zwölf Bundesländern.

Mehr als 100 Personen wurden vorläufig festgenommen und sieben Haftbefehle vollstreckt, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Siegen (Nordrhein-Westfalen). Unter Beteiligung der Spezialeinheit GSG 9 nahmen Polizisten die Hauptverdächtigen fest, eine 59-jährige thailändische Staatsangehörige und ihren 62-jährigen deutschen Lebensgefährten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Großrazzia einen beispiellosen Schlag gegen »ein bundesweit verzweigtes Netzwerk«. Viele hundert Menschen seien der menschenverachtenden grenzenlosen Profitgier von Schleusern über Jahre und Landesgrenzen hinweg ausgeliefert gewesen. »Diesem skrupellosen Vorgehen und der sexuellen Ausbeutung in einem abscheulichen Ausmaß konnte heute ein Ende gesetzt werden.«

Die Bande soll von Siegen aus vor allem Menschen aus Thailand in das bundesweite Bordell-Netzwerk geschickt haben. Im Fokus der Kriminellen standen nach Erkenntnissen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main bevorzugt Transsexuelle, die mit hohen Verdienstmöglichkeiten als Prostituierte nach Deutschland gelockt worden seien. Die Betroffenen hätten dann zumeist in Wohnungsbordellen - beispielsweise in Gewerbegebieten oder auch im ländlichen Raum - gearbeitet. Die mutmaßlichen Täter hätten so ein spezielles Segment im Rotlichtmilieu in Deutschland besetzen wollen.

Die Generalstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 59-jährige Hauptbeschuldigte mit Helfern in Thailand Prostituierte angeworben und mit erschlichenen Touristen-Visa ausgestattet hat. In Deutschland angekommen, sollen die Angeworbenen zunächst überwiegend in drei Bordellen in Siegen der Prostitution nachgegangen sein, die seit 2006 von der 59-Jährigen und ihrem deutschen Lebensgefährten betrieben wurden. Die Einnahmen sollen von der Hauptbeschuldigten zunächst vollständig einbehalten worden sein - zur Begleichung der angeblichen Schleusungskosten von bis zu 36 000 Euro, für Miete und Verpflegung.

»Nach einer gewissen Verweildauer in den Siegener Bordellbetrieben sollen die Prostituierten in einer Art Rotationsprinzip in andere Bordellbetriebe des Netzwerks im gesamten Bundesgebiet verbracht worden sein«, erläuterte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft.

Auch später soll die Hauptbeschuldigte dann einen Großteil der Einnahmen der Prostituierten über die örtlichen Bordellbetreiber erhalten haben. »Das ist wie so eine Art Schneeballsystem«, sagte der Behördensprecher. Den Prostituierten seien bei einer Tätigkeit in Deutschland Gewinnversprechen gemacht worden, profitiert hätten dann aber vor allem die Drahtzieher. »Den Zweck hat man nicht verheimlicht, sie sind aber über die Konditionen getäuscht worden.«

Das Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt wird wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern, der gewerbs- und bandenmäßigen Zwangsprostitution, der Zuhälterei, des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie der Steuerhinterziehung geführt. Es richtet sich gegen insgesamt 56 Beschuldigte im Alter zwischen 26 und 66 Jahren, davon 41 Frauen und 15 Männer. dpa/nd

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