Neue Behörden braucht das Land
Ost-Ministerpräsidenten warben bei Bundeskanzlerin Angela Merkel um Gunst und Geld
Dass die Ministerpräsidentenrunden zum Machtzentrum neben dem Bundesrat zu werden drohten, haben Politiker immer mal wieder beklagt. Am Mittwoch kam es zur bereits 45. Runde der ostdeutschen Regierungschefs - mit Bundeskanzlerin Angela Merkel traf man sich in Bad Schmiedeberg im sachsen-anhaltischen Kreis Wittenberg. Doch Klagen über das Treffen waren nicht zu vernehmen. Das liegt an den Schwierigkeiten, die der Osten unverändert hat. Sodass der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag, Matthias Höhn, die Regierungschefs vielmehr anfeuerte, sich noch »stärker und wirksamer als bisher für die Lösung der besonderen Problemlagen« im Osten einzusetzen.
Der Osten weise nach wie vor eine flächendeckende Strukturschwäche auf, heißt es in einer Erklärung auch der Regierungschefs. Die Förderung dürfe daher nicht zugunsten einzelner schwächerer Regionen in stärkeren Bundesländern oder verschuldeter Kommunen geschmälert werden. Auch wenn Reiner Haseloff (CDU) seiner Freude über Merkels Anwesenheit freien Lauf ließ - eine Lösung ist nicht in Sicht. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und Gastgeber der Runde freute sich: »Hier war noch nie ein Kaiser, nie ein Kanzler, du bist die Erste.« Die Regierungschefs richten ihre Hoffnung auf die Ansiedlung neuer Bundesbehörden und Forschungsinstitute. So wird die Suche der NATO nach einem neuen Logistikzentrum interessiert verfolgt, wofür man offenbar den Flughafen Leipzig/Halle für geeignet hält. Große Behörden entfalteten gerade fern der Oberzentren eine Sogwirkung, sagte Reiner Haseloff. Eine offenbar abgestimmte Forderung, denn auch vom neuen Ostbeauftragten Christian Hirte (CDU) war sie bereits zu vernehmen.
Anreize bei der Medizinerausbildung wie der Ausbau des Breitbandnetzes waren neben der künftigen EU-Förderpolitik Themen in Bad Schmiedeberg; Anliegen ist den Ministerpräsidenten auch die Entlastung der ostdeutschen Länder von der Finanzierung der Sonder- und Zusatzversorgungssysteme der DDR. Und auch um die Rentenpolitik sollte es gehen. So verlangte Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) vor Beginn erneut die Einführung einer Grundrente, damit Menschen nach längerer Arbeitslosigkeit in ihrem Leben bei den Altersbezügen trotzdem oberhalb der Grundsicherung landen. »Das sind alles Punkte, die wir einheitlich vertreten«, bekräftige Reiner Haseloff. Die Lohnunterschiede zwischen West und Ost dürften nicht »zu dauerhaft gespaltener Rentensystematik führen, das heißt, dass wir nicht die alte DDR-Grenze im Rentenrecht noch in 20, 30 Jahren vorfinden«.
Nur hat die letzte Bundesregierung die Angleichung der Ost- und Westrenten bereits auf den Weg gebracht und hierbei die Benachteiligung des Ostens mit vereinbart. Weshalb Matthias Höhn hierzu anmerkte, ohne eine Beibehaltung der Höherbewertung der Gehälter im Osten werde sich die Rentenungerechtigkeit auch nach Anpassung an das Westniveau fortsetzen. Mit Agenturen
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