Warten auf Kleingärten

Innerstädtische Grünparzellen erleben einen Ansturm von Interessenten

  • Lesedauer: 3 Min.

Wer in Berlin einen Kleingarten pachten möchte, muss sich auf erhebliche Wartezeiten einstellen. Kleingartenvereine befürchten, dass sich die Situation noch verschärfen könnte. Thomas Wagner, Sprecher beim Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG), dem Dachverband der Kleingärtner, gab an, dass in Berlin fast 12 000 Interessenten auf Wartelisten für die knapp 70 000 Kleingärten der Stadt stehen. Die Wartzeit liege bei drei bis vier Jahren.

Ähnlich sieht es in Hamburg und München aus, erklärte Wagner. Auch hier übersteige die Nachfrage das Angebot bei weitem. »Eine nachhaltige Stadtplanung muss die Kleingärtner einbeziehen«, sagte er. Es könne nicht sein, dass einerseits ein Weißbuch mit dem klaren Bekenntnis zu mehr grüner Infrastruktur herausgegeben werde und zugleich Kleingartenanlagen zugebaut würden.

Zunehmend spiele man Kleingärten, vor allem in Berlin, gegen den Wohnungsbau aus. Doch Kleingärten und Wohnungsbau sollten nicht als Gegensatz begriffen werden. »Wohnungen sind wichtig, selbstredend, aber ausreichend Grünflächen machen ein Wohngebiet erst lebenswert«, sagte Wagner. Kleingärten stehen nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde nicht in Konkurrenz zum Wohnungsbau - vielmehr könne eine ökologische und soziale Stadtentwicklung nur gemeinsam stattfinden.

Eine Lösung für eine gemeinsame Entwicklung sieht der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde unter anderem darin, ökologisch bewirtschaftete Kleingärten als Ausgleichsflächen anzuerkennen. Davon würden Natur, Stadtplanung und Kleingärtner profitieren. Ausgleichsflächen müssten ausgewiesen werden, wenn zum Beispiel durch Bebauung Flächen versiegelt werden. »In Hamburg sind dank der Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten Lösungen gefunden«, sagte Wagner.

Wegen des Baubooms in Berlin befürchten die Bezirksverbände einen Rückgang der Gartenflächen. »Wir fordern seit Jahren von der Politik, dass Kleingärten durch offizielle Bebauungspläne gesichert werden«, erklärte Thomas Stople aus dem Vorstand des Bezirksverbandes Charlottenburg der Kleingärtner e.V. Demnach würden die meisten Kleingartenanlagen im Flächennutzungsplan als Grünflächen ausgewiesen. »Dies reicht jedoch nicht als Bestandsgarantie.« Nur eine per Bebauungsplan festgeschriebene Kleingartenanlage könne die Flächen langfristig vor Überbauung retten.

Beim Bezirksverband Charlottenburg der Kleingärtner stehen rund 3000 Bewerber auf der Liste, wie Stople sagte. Die Wartezeit betrage bis zu fünf Jahren. Zur Zeit wird dort nur ein Garten im Internet vom Bezirksverband angeboten. »Das Interesse hat dramatisch zugenommen. Innerhalb von einem Jahr um rund 15 Prozent«, sagte Stople.

Auf eine Wartezeit von bis zu drei bis vier Jahren müssen sich Gartenanwärter im Nordteil Tempelhofs einstellen. Als Grund führt Vorstandsmitglied Norbert Gieseking die seit Jahren steigenden Bewerberzahlen an. »Wir haben in dem Bereich weniger als 400 Gärten und sehr viele Bewerber«, sagte Gieseking. Insgesamt zählt der Verband 3640 Gärten in Tempelhof, Mariendorf, Lichtenrade und Marienfelde. Giesekings Tipp: Nicht nur in Zentrumsnähe nach dem passenden Kleingarten suchen. Südlich des S-Bahnrings betrage die Wartezeit nur ein bis zwei Jahre. dpa/nd

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.