Die Rache am Berghain

Marie Frank über den Antrag einer Politikerin auf AfD-Ticket

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Sibylle Schmidt ist wohl einmal zu oft nicht ins Berghain reingekommen. Andere würden nach einer Abfuhr an »der härtesten Tür Deutschlands« einfach nach Hause gehen oder ihren Ärger an den Türstehern rauslassen.

Nicht so die vom Punk zur Bezirksverordneten gewandelte Schmidt, die als Parteilose über eine AfD-Liste gewählt wurde. Mit ihrer Konvertierung ins rechte Lager hat die ehemalige Club-Besitzerin sich wohl endgültig von ihrer Vergangenheit losgesagt: In den 90er Jahren selbst Betreiberin eines Berliner Tanzlokals, das ohne Schankgenehmigung illegal als Club fungierte und sich auch von einer Schließung durch das Bauamt nicht vom Feiern abhalten ließ, will Schmidt als geläuterte und nunmehr gesetzestreue Bürgerin Ordnung in der Clublandschaft schaffen.

Ihr erster Gegner: das Berghain. Dem wohl berühmtesten Techno-Club der Welt müsse die gewerberechtliche Erlaubnis entzogen werden, fordert Schmidt in einem Antrag an die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Die ehemalige SPD-Funktionärin fungiert inzwischen als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung. Ihre Begründung ist dabei so skurril wie ihre Vergangenheit schizophren: Um einen »drogenfreien Besuch unter Berücksichtigung eines natürlichen Biorhythmus zu ermöglichen«, sollen nachfolgenden Betreibern Öffnungszeiten von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens auferlegt werden. Doch nicht nur die »wach haltenden Substanzen« sind der neuen Law-and-Order-Schmidt ein Dorn im Auge: Auch die Darkrooms sollen durch entsprechende Beleuchtung sexfrei gehalten werden.

Vielleicht hätte es der ehemaligen Punkette im Berghain sogar gefallen, wäre sie nicht zuvor »durch unintelligente, unansehnliche Wichtigtuer selektiert« worden. Möglicherweise will die gelernte Betriebswirtin aber auch nur unliebsame Konkurrenz loswerden. Nachdem die Berliner AfD am Donnerstag den Antrag nach viel Ärger und Spott zurückzog, braucht Schmidt in naher Zukunft vielleicht ein anderes Betätigungsfeld.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -