Hallo, Echo!

Bernd Zeller findet, dass bei Preisrückgaben genau zu bedenken ist: wohin und an wen?

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Unser heutiger Bericht befasst sich mit einem Recyclingproblem. Immer mehr Echo-Preise werden zurückgegeben - da stellt sich die Frage, wie sie fachgerecht zu entsorgen sind. Grundsätzlich zuständig ist die Stelle, die sie ausgegeben hat, also der Verband der Musikindustrie.

Zeitgemäß wäre es gewiss, die Trophäen nicht in ihre Bestandteile zu zerlegen, sondern im Ganzen für einen guten Zweck zu versteigern. Die Erlöse könnten in Musikprojekte mit Jugendlichen fließen, in denen sie lernen, ohne Gewalt cool zu sein. Allerdings ist unter unseren Jugendlichen das Anspruchsdenken so weit verbreitet, dass sie davon ausgehen, ihnen stünden dann auch hohe Verkaufszahlen zu. Der Echo ist nämlich vorrangig eine Ehrung, die für Verkäufe verliehen wird. Dies ist für Künstler wichtiger, als es zunächst scheint. Wer mit künstlerischer Arbeit Erfolg hat, kann es häufig selbst kaum glauben, dann ist dieser Preis eine Bestätigung, dass das alles wirklich wahr ist und kein Traum. Träumen kann man zwar auch vom Erfolg, aber in dem Traum würde solch ein Echo nicht vorkommen.

Eine Weitergabe der Auszeichnungen sollte daher den Charakter einer Ehrung behalten. Eine schöne Anerkennung wäre die Übereignung aller zurückgegebenen Echo-Trophäen an den, der für uns zum Eurovision Song Contest fährt. Der hätte es verdient, dafür eine Auszeichnung zu bekommen. Er geht in den Wettbewerb mit dem unbedingten Vorsatz, den letzten Platz zu verteidigen und allen anderen Mitbewerbern den Vortritt zu lassen. Wieder ein schönes Zeichen deutscher Gegenwart, das wir an die europäischen Nachbarn aussenden und an die Welt, soweit sie sich dafür interessiert. Der deutsche Teilnehmer hat seinen Song im Vorausscheid vorgetragen, dann wird er ihn noch einmal in der Wertungssendung zu Gehör bringen, wobei im Schnelldurchlauf davon noch ein Ausschnitt als Entscheidungshilfe für die abstimmenden Zuschauer laufen wird. Wenn er zurückkommt, wird es in den Redaktionen schon nicht mehr für relevant befunden, ihn ein emotionales Statement geben zu lassen. Den Echo als Anerkennungsprämie hätte er sich also wirklich verdient.

Allerdings müsste ihm, wie künftig allen Preisträgern, die Zusage abverlangt werden, den Echo nicht zurückzugeben. Schon aus Gründen der Fairness, denn es würde ein Wettlauf darum drohen, wer die meisten Echo-Preise zurückgibt. Unser ESC-Kandidat könnte nur von Helene Fischer überboten werden.

Überhaupt ist festzuhalten und den Künstlern anzulasten, dass sie nur die Dinger zurückgegeben haben, nicht aber Umsätze, für die sie mit ihnen prämiert wurden. Aber solche Aktionen würden die Sache nur unnötig verkomplizieren. Erst einmal ist die Frage zu klären, ob eine Echo-Rückgabe überhaupt nötig ist bei Preisträgern, die in ganz anderen Kategorien gewonnen haben als dem, wegen dem es zum Eklat kam. Es wäre durchaus vertretbar, wenn Klassik- oder Schlagerinterpreten den Standpunkt einnähmen, es sei allein ein Problem des Rap und nur andere Rapper seien gehalten, sich zu distanzieren. Sollte aber die Angelegenheit nicht auf Rap beschränkt bleiben, dann sind alle Gewinner von allen Preisen gefragt, ihre Trophäen zurückzugeben.

Nicht betroffen sein dürften DFB-Pokale und andere Sportauszeichnungen, auch Gewinner von Quizshows können die Gewinne behalten, aber Träger von Kulturpreisen aller Art können sich nicht heraushalten mit der Begründung, dass sie nicht singen. Dies tun im eigentlichen Sinne Rapper auch nicht, und Anstoß erregt hat der Text. Wer immer den Preis der Buchmesse oder einen lokalen Lyrikpreis erhalten hat, sollte beginnen, sich davon zu lösen. Finanzielle Probleme sind damit nicht verbunden; die Preisgelder dürfte inzwischen ausgegeben worden sein. Die Urkunde zurückzugeben, ist ganz einfach - sie kann nach Abtrennung der Mappe der blauen Tonne überantwortet werden.

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