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Vor dem Protest gibt es kein Entkommen

Umweltaktivisten demonstrierten vor der RWE-Hauptversammlung gegen das Kohlegeschäft des Energieriesen

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist schon eine gute Tradition. Die Klimabewegung und Konzernkritiker demonstrieren gegen die Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE. Topthema beim Protest bleibt der Hambacher Forst und die Braunkohle, aber auch der Verkauf des Tochterunternehmens Innogy an den Konkurrenten E.on und die Beteiligungen an der Atomwirtschaft sind Ziel des Protestes gegen RWE.

Wer die Zwischenebene der U-Bahn-Haltestelle an der Essener Grugahalle erreicht, hört schon Rufe der Umweltaktivisten wie »Hopp, hopp, hopp - Kohle-Stop!« oder das alte Protestlied »Wehrt Euch, leistet Widerstand!« Immer wenn eine größere Gruppe von RWE-Aktionären aus der U-Bahn kommt oder aus einem Bus steigt, werden die Rufe und Gesänge besonders laut.

In früheren Jahren mussten die Aktivisten auch schon einmal weiter weg ihren Protest kundtun. Doch an der Grugahalle ist in diesem Jahr alles sehr eng beieinander. Wer zur Hauptversammlung von RWE geht, der wird mit dem Protest konfrontiert. Das geschieht sehr freundlich. Aktivisten verteilen Flyer. Insgesamt sind 17 Gruppen aus der Umweltbewegung da. Im Vorfeld hatten sie RWE dazu aufgefordert, aus der Kohle- und Atomverstromung auszusteigen.

Ein Protagonist des Protestes ist Markus Dufner vom Dachverband der Kritischen Aktionäre. Bei der Hauptversammlung wird er später sprechen. Er und seine Mitstreiter fordern die RWE-Aktionäre auf, den Vorstand nicht zu entlasten. Außerdem schlagen sie vor, dass RWE statt der angekündigten Dividende von 1,50 Euro nur 50 Cent auszahlen soll. Ihre Begründung: Durch die Braunkohle entstünden erhebliche Folgekosten. Mit einer Kürzung der Dividende würden fast 615 Millionen Euro frei. Diese könne RWE in einen Fonds zur Finanzierung der »Beseitigung der Schäden durch die Braunkohletagebaue und für die anteilige Übernahme von Gesundheitskosten, die durch die Kohlewirtschaft entstehen« stecken, fordert Dufner. Er warnt, dass sonst wieder zu wenig Geld für die langfristigen Kosten da sein werde, wie es derzeit auch bei der Atomtechnologie passiert sei.

Besonders im Blick hat Dufner dabei die Städte und Kreise mit Beteiligungen an RWE. Sie müssten »langfristiger denken« denken als Finanzinvestoren. An Aufsichtsratsmitglieder wie den Dortmunder Oberbürgermeister Ulrich Sierau und andere Stadtoberhäupter richtet der kritische Aktionär ein paar spezielle Worte. Sie sollten den »RWE-Drachen bändigen«, sie sollten nicht die Bremser der Energiewende sein und an ihren Amtseid denken, sie seien zuerst den Bürgern verpflichtet.

Dufner ist nicht der einzige prominente RWE-Gegner vor Ort. Auch Michel Zobel, der für seine Führungen durch den Hambacher Forst bekannt ist, und Dirk Jansen vom BUND stehen vor der Grugahalle. Die Umweltorganisation hat erreicht, dass es im Hambacher Forst einen Rodungsstopp gab, der am 1. Oktober endet. Bei der Hauptversammlung kündigt Jansen auch weiteren juristischen Widerstand gegen den Braunkohletagebau an. Auch das Bündnis »Ende Gelände« plant Aktionen im Tagebau Hambacher Forst Vom 26. bis zum 28. Oktober soll es dort »massenhaften zivilen Ungehorsam« geben. Man müsse »den Profitinteressen von RWE Einhalt gebieten«, sagt Karolina Drzewo, Sprecherin des Bündnisses. Das gesellschaftliche Ziel müsse eine »100 Prozent erneuerbare, dezentrale und bezahlbare Energieversorgung« sein.

Bei der Hauptversammlung wirbt derweil RWE-Chef Rolf Martin Schmitz für die Zustimmung zu den Plänen des Vorstandes. Das Geschäft mit E.on sei gut für den Konzern. Man mache sich so zukunftsfähig. Die Braunkohle sei wichtig für die »Versorgungssicherheit«. »Der Braunkohlenbergbau im Rheinland« werde »eines Tages mehr Wald hinterlassen, als er in Anspruch genommen hat«, heißt es in einer Stellungnahme des Vorstandes zu den Gegenanträgen, die unter anderem der Dachverband Kritischer Aktionäre gestellt hatte. Alle Forderungen von ihnen werden als »unbegründet« zurückgewiesen.

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