Gegen das ewige Wachstum

Vor 50 Jahren wurde der Club of Rome gegründet

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Sie verstanden sich nicht als Revolutionäre - ganz im Gegensatz zu den AktivistInnen der 68er-Revolte. Und doch war ihr Wirken nicht minder folgenreich. Als in Deutschland die Schüsse auf Rudi Dutschke fielen, schlossen sich in Rom im April 1968 Wissenschaftler und Unternehmer im Club of Rome zusammen. Schlagzeilen produzierte dieser zunächst nicht. Erst vier Jahre später, mit dem Buch »Die Grenzen des Wachstums«, verfasst von einem Autorenteam um Dennis und Donella Meadows, gab es diese - und das nicht zu knapp. Der Bericht war, wie es so schön heißt, »eine Bombe im Taschenbuchformat«.

Das, was heute im Grunde als banal gelten muss - nämlich, dass in einer begrenzten Welt unbegrenztes Wachstum nicht möglich ist -, wurde mit der bewusst apokalyptischen Kommunikation seitens des Clubs of Rome ins globale Bewusstsein gerückt. Die Veröffentlichung war ein wichtiger Grund dafür, warum in den 1970er Jahren die ökologischen Schäden der Industrialisierung diskutiert wurden und warum sich Umweltbewegungen bildeten.

Doch wer waren die Initiatoren des Club of Rome? Zu nennen ist vor allem der italienische Industrielle Aurelio Peccei. Der 1908 in Turin Geborene entstammt einer Familie der unteren Mittelklasse. Er bereiste die Sowjetunion und promovierte über Lenins Neue Ökonomische Politik. Zeitgenossen und Freunde beschreiben ihn als liberalen Humanisten. Aber er stand den Ideen der Französischen Revolution näher als dem Wirtschaftsliberalismus. Er betätigte sich im antifaschistischen Widerstand, und nach dem Krieg arbeite er erneut für den Autokonzern Fiat.

Danach wurde Peccei »Managing Director« des Industriekonzerns Olivetti. Als Manager bereiste er die später industrialisierten Länder und sah die zum Teil verheerenden sozialen und ökologischen Folgen der Indus- trialisierung mit eigenen Augen. In ihm reifte die Erkenntnis, dass diese Probleme nur durch eine globale Zusammenarbeit und mithilfe langfristiger Planung gelöst werden können.

Auch unter dem Eindruck der Ereignisse von 1968 fasste der studierte Volkswirt seine Gedanken in dem ein Jahr später veröffentlichtem Buch »The Chasm ahead« zusammen. In diesem wird ein weiterer entscheidender Einfluss auf sein Denken deutlich: die Systemdynamik. Über den Pionier Jay W. Forrester fand diese Wissenschaft, die sich mit Zusammenhängen und Wechselwirkungen befasst, Eingang in den Club of Rome. Forresters Studenten, die erwähnten Meadows, besorgten für den Bericht die umfangreichen Simulationen - und zwar mit der damals noch neuen Computertechnik.

Obwohl diese Modellrechnungen zu wenige Variablen berücksichtigten und sich manche Prognosen nicht bestätigten oder zu pauschal ausfielen, steht doch fest: An der zentralen Aussage kann nicht gerüttelt werden. Die Übernutzung von Naturressourcen führt bei einem »Weiter so« unweigerlich in die ökologische Katastrophe.

Gleichwohl hat sich seit der Gründung des Club of Rome vor 50 Jahren wenig geändert. Die Naturzerstörung schreitet weiter voran, täglich wird dem Fetisch Wachstum gehuldigt. Lediglich die Rhetorik zeugt von einem ökologischen Bewusstsein. Warum es so schwer ist, mit der stetigen Steigerung des Bruttoinlandsprodukts zu brechen, liegt am systemimmanenten Zwang kapitalistischer Ökonomien zur Ausdehnung der Produktion. Wer nicht auf die kurzfristige Profitmaximierung setzt, wird von anderen Kapitalien geschluckt. Die permanente Ausweitung der Produktion stößt somit zwangsläufig an Grenzen der Regenerationsfähigkeit der Natur.

Dass aber auch sozialistische Ökonomien nicht vor massiver Naturzerstörung gefeit sind, zeigt der Realsozialismus. In dem industriell noch kaum entwickelten Sowjetrussland standen die Überwindung der Armut und die militärische Verteidigungsfähigkeit im Vordergrund. Weder auf Mensch noch Natur wurde Rücksicht genommen. Die Tonnenideologie obsiegte.

Von Marxisten bekam der Club of Rome für seinen ersten Bericht daher viel Kritik. Dass er zudem von Unternehmern gegründet und von der Volkswagenstiftung finanziert wurde, war eine Steilvorlage. Was vom Klassenfeind komme, könne ja nur dem Interesse der Bourgeoisie dienen. Nichtsdestotrotz führte »Die Grenzen des Wachstums« dazu, dass sich auch einige Marxisten intensiver mit der Ökologie beschäftigten. Wolfgang Harich und sein Buch »Kommunismus ohne Wachstum« ist ein Beispiel.

Dem Club of Rome übrigens war seine Forderung nach der Abkehr des Wachstums kurze Zeit später zu radikal. Die Erdölkrise 1973 hatte bewirkt, dass sich die Vereinigung von der Gleichgewichtsforderung und vom Nullwachstum distanzierte. Auch einer der letzten Berichte fordert: »Mit wenig Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen«, so der Untertitel.

Obwohl auf diese Weise das kritische Potenzial des Club of Rome früh abgeschwächt wurde und die insgesamt 40 folgenden Berichte zum Teil ohne Weiteres mit grünen kapitalistischen Modellen kompatibel sind, können sie trotz aller Kritik immer noch für die linke Debatte und Praxis fruchtbar gemacht werden. Vor allem, weil diese das Ökologische immer noch als angehängt an das Soziale denkt, anstatt es zusammenzudenken.

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