Ein hartes Stück Arbeit
Unerwartet knapp zieht der FC Liverpool bei der AS Rom ins Endspiel der Champions League ein, Trainer Jürgen Klopp freut sich aufs Finale gegen Real Madrid
Selten sah man Jürgen Klopp nach einer Niederlage so gut gelaunt wie in dieser Nacht von Rom. »Es war aufregender, als ich gehofft hatte«, sagte der Trainer des FC Liverpool mit einem breiten Grinsen. Nach dem 2:4 (1:2) bei der AS Rom überwog bei ihm die Freude über Liverpools ersten Finaleinzug in der Champions League seit 2007. »Ins Endspiel zu kommen ist schön, aber es zu gewinnen, ist noch schöner«, sagte Klopp und schickte gleich eine Warnung an Finalgegner Real Madrid: »Sie haben Erfahrung, wir nicht. Aber wir werden absolut brennen.«
Ob Liverpool verdient im Finale stehe? »Zu 100 Prozent«, stellte Klopp nach dem knappen Ergebnis klar, »man kommt nicht ohne Glück ins Finale. Wir brauchten es nur einmal, und das war heute Abend.« Britische Medien beurteilten es ähnlich. »Wenn man an überirdische Kräfte glaubt (...), dann waren sie im entscheidenden Moment auf der Seite von Liverpool«, schrieb die Zeitung »The Independent«. Und »The Telegraph« meinte: »Liverpool hat sein Glück erzwungen.«
Auch Torhüter Loris Karius war happy. Der Finaleinzug sei »zu keinem Zeitpunkt wirklich« in Gefahr gewesen. »Ein überragendes Gefühl, dass wir jetzt im Finale stehen und den Titelverteidiger herausfordern«, sagte Liverpools Keeper. »Hoffentlich krönen wir die Saison in Kiew mit dem Titel. Wir werden Real Madrid das Leben schwer machen. Die Vorfreude auf den 26. Mai ist riesig.«
Die Roma war dagegen wütend auf den Schiedsrichter. »Es waren zwei Elfmeter, die uns nicht gegeben wurden, mit dem (Videoassistenten) VAR wäre das anders«, sagte Romas Sportdirektor Monchi verärgert. »Der italienische Fußball muss seine Stimme erheben, weil ich denke, dass all das nicht normal ist.« Trainer Eusebio Di Francesco klagte nach dem Spiel über die verpasste Chance für »eine zweite magische Nacht«.
Di Francescos Mannschaft hatte zuvor im Viertelfinale den FC Barcelona in Rom düpiert. »Der Blitz schlägt nie zweimal an der gleichen Stelle ein«, kommentierte die Zeitung »Corriere della Sera«. Gleichzeitig lobten italienische Medien den Kampfgeist und die »moralische Stärke« des Teams: »Rom fliegt raus, aber erhobenen Hauptes.«
Rom erwies sich dennoch als fairer Verlierer und gratulierte seinem ehemaligen Spieler Mohamed Salah, der im Hinspiel zwei Tore gegen den Ex-Klub erzielt hatte. »Es tut so weh, dass der Traum (...) vorbei ist«, schrieb die Roma auf Twitter, »aber du wirst in neuer Farbe dabei sein. Viel Glück im Finale, Mo Salah.«
Liverpool war durch Sadio Mané (9. Minute) und - nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch James Milners Eigentor (15.) - durch Georginio Wijnaldum (25.) zweimal in Führung gegangen. Edin Dzeko (52.) ließ bei den Giallorossi noch mal Hoffnung aufkommen. Die Tore von Radja Nainggolan (86./90.+4 Handelfmeter) kamen aber zu spät.
Nach dem 5:2 (2:1) im Hinspiel gewann Liverpool das Duell mit 7:6. 13 Tore in einem Halbfinale sind ein neuer Rekord in der Königsklasse. Die »Reds« haben im laufenden Wettbewerb 46 Treffer erzielt, so viele wie kein anderes Team jemals zu diesem Zeitpunkt zuvor.
Als der Abpfiff im Olympiastadion von Rom ertönte, war aber auch den 5000 aus England mitgereisten Fans die Erleichterung anzumerken. Noch lange feierten sie den Finaleinzug, auch weil sie zunächst lange in ihrem Block bleiben mussten. Zu Ausschreitungen wie in der Vorwoche in Liverpool kam es auch dank hoher Sicherheitsvorkehrungen in Rom nicht. Das Team schickte einen Gruß an den Fan, der in Liverpool schwer verletzt wurde und sich noch immer in kritischem Zustand befindet: »Sean Cox, you’ll never walk alone« stand auf einem Transparent, das die Spieler über den Platz trugen.
Nun geht der Blick erst einmal auf die Premier-League-Partie beim FC Chelsea. Dort kann Liverpool am Sonntag vorzeitig die direkte Champions-League-Qualifikation für die nächste Spielzeit klar machen und so eine perfekte Woche feiern. In dieser Saison mussten sich die »Reds« zunächst in den Playoffs gegen die TSG Hoffenheim qualifizieren. Dass der Weg von Sinsheim am Ende ins Finale nach Kiew führen würde, hätte im August 2017 vermutlich niemand erwartet.
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