- Politik
- Krise in Katalonien
Puigdemont lädt nach Berlin
Der ehemalige katalanische Präsident und sein Stab müssen über die Wahl einer Nachfolge beraten
Carles Puigdemont hat alle Parlamentsabgeordneten seiner Partei zu einem Treffen am Samstag in Berlin eingeladen. Es soll ein neuer Kandidat für seine Nachfolge gefunden werden. Das Treffen findet in der Hauptstadt statt, da Puigdemont dazu veranlasst ist, die Bundesrepublik nicht zu verlassen, bis ein deutsches Gericht über das spanische Auslieferungsersuchen entschieden hat.
Die Partei des abgesetzten katalanischen Präsidenten Junts per Catalunya hatte in den vergangenen Monaten viermal versucht, einen neuen Präsidenten zu ernennen. Die Partei hält die Mehrheit im katalanischen Parlament und ist daher berechtigt, Anwärter und Anwärterinnen für das Amt der Präsidentschaft vorzuschlagen. Die spanische Justiz hat seit den Wahlen in Katalonien am 21. Dezember jede Kandidatur verhindert, die vorgeschlagenen Politiker befanden sich allesamt entweder im Gefängnis oder im Ausland.
Bis zum 22. Mai muss in Katalonien ein neuer Präsident ins Amt gewählt werden, ansonsten werden vorgezogene Wahlen anberaumt. Junts per Catalunya hat nun mehrere Optionen:
- Entweder schickt die Partei von Puigdemont eine Person ins Rennen, die nicht direkt in das Referendum vom 1. Oktober 2017 und der einseitig erfolgten Erklärung einer autonomen katalanischen Republik involviert war. Eine solche Kandidatur würde wahrscheinlich auf keinen Widerstand seitens der spanischen Gerichte treffen.
- Eine Alternative wäre, auf einen der bereits verbotenen moderaten Präsidentschaftskandidaten zu bestehen. Diese Option birgt Risiken. Scheitert die Kandidatur, werden am 22. Mai Neuwahlen ausgerufen, bei denen die Unabhängigkeitsparteien ihre Mehrheit einbüßen könnten. Gleichzeitig wird das Zurücknehmen von Kandidaturen in der katalanischen Bewegung schnell als Verrat oder Feigheit gedeutet.
- Ein dritte Option für die parlamentarische Gruppe von Junts per Catalunya könnte darin bestehen, durch das Beharren auf einen für die spanische Justiz unmöglichen Kandidaten, wie zum Beispiel Puigdemont, Neuwahlen zu erzwingen. Das gilt aber eher als unwahrscheinlich.
Die offizielle Linie von Junts per Catalunya besteht darin, eine neue Abstimmung zu vermeiden. In seiner ersten denkwürdigen Pressekonferenz am 15. April in Berlin-Kreuzberg, kurz nach der Entlassung aus deutscher Untersuchungshaft, sagte Puigdemont, er wolle Neuwahlen unbedingt verhindern.
Die katalanische Nachrichtenagentur meldet unterdessen, aus internen Quellen bei Junts per Catalunya erfahren zu haben, dass der wahrscheinlichste Ausgang eine Aufgabe der Kandidatur von Puigdemont zugunsten einer aussichtsreicheren Bewerberin sei. Die größten Chancen könnte Elsa Artadi haben. Die ehemalige Professorin wird schon lange als Puigdemont-Nachfolgerin gehandelt. Sie hat außerdem die Unterstützung des inhaftierten Jordi Sànchez, eine der Galionsfiguren der Unabhängigkeitsbewegung. Das Ende von Puigdemont wäre das aber noch lange nicht. Der erklärte Plan von Junts per Catalunya ist es, dass die Nachfolge von Puigdemont das Amt nach der offiziellen Einschwörung an ihn zurückgibt. Puigdemont gilt schließlich vielen Katalanen und Katalaninnen immer noch als ihr einzig »legitimer« Präsident.
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