USA klagen Martin Winterkorn an
Ex-Volkswagen-Chef soll den Betrug mit Dieselfahrzeugen des deutschen Autokonzerns abgesegnet haben
US-Staatsanwälte haben den ehemaligen Volkswagen-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn wegen des Dieselskandals angeklagt. Justizminister Jeff Sessions und Staatsanwalt Matthew Schneider vom Eastern District of Michigan, der Detroit abdeckt, gaben am Donnerstag die Anklage gegen Winterkorn in vier Punkten bekannt.
»Volkswagen hat die amerikanischen Regulierungsbehörden getäuscht und die amerikanischen Verbraucher jahrelang betrogen«, so Schneider in einer Erklärung. »Die Tatsache, dass dieses kriminelle Verhalten vermutlich auf den höchsten Ebenen von Volkswagen abgesegnet wurde, ist entsetzlich.«
Laut Anklage der Staatsanwaltschaft hat der 70-jährige Winterkorn, der wegen des Skandals im September 2015 zurückgetreten ist, sich mit anderen VW-Mitarbeitern verschworen, um die USA, die amerikanischen Kunden und Aufsichtsbehörden zu betrügen und dabei gegen das Luftschutzgesetz »Clean Air Act« zu verstoßen. Er wurde ferner angeklagt, drei Fälle von Überweisungsbetrug im Zusammenhang mit den Dieselmanipulationen begangen zu haben, so eine Pressemitteilung.
Da Winterkorn in Deutschland lebt, müsste er ausgeliefert werden oder sich den US-Behörden selber stellen, damit er dort vor Gericht kommt. Deutschland liefert seine Bürger aber nicht an die USA aus. VW erklärte, der Autobauer werde sich nicht zu Winterkorns Fall äußern, aber weiterhin die Ermittlungen des Justizministeriums unterstützen.
Mit den Vorwürfen erreicht der Druck auf VW einen neuen Höhepunkt. Alleine in den USA hat der Dieselskandal den Wolfsburger Konzern rund 20 Milliarden Dollar an Bußgeldern, Anwaltskosten und Rückkäufen gekostet. VW hat zugegeben, in elf Millionen Autos eine Software weltweit installiert zu haben, die die Abgasreinigung im Straßenverkehr abschalten konnte. Die VW-Führungskräfte bestanden aber immer darauf, dass sie nichts von den Vorgängen gewusst und Mitarbeiter auf der unteren Ebene das Fehlverhalten begangen hätten.
Die jetzige Anklageschrift widerlegt laut Minister Sessions diese Behauptungen. »Wenn Sie versuchen, die Vereinigten Staaten zu täuschen, dann werden Sie einen hohen Preis zahlen«, erklärte Sessions und fügte hinzu, dass Deutschland bei der Zusammenstellung der Anklage gegen Winterkorn geholfen habe. »Die heute enthüllte Anklageschrift behauptet, dass der Plan von Volkswagen, seine gesetzlichen Anforderungen zu umgehen, bis an die Spitze des Unternehmens gegangen ist. Das sind schwerwiegende Anschuldigungen, und wir werden diesen Fall im vollen Umfang des Gesetzes verfolgen.«
Winterkorn muss im Falle einer Verurteilung mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 250 000 Dollar für die Verschwörung zum Betrug rechnen. Auf jeden einzelnen Überweisungsbetrug stehen bis zu 20 Jahre und 25 000 Dollar Strafe.
Im März 2017 hatte sich VW wegen der Installation der illegalen Software in 600 000 Dieselfahrzeugen in den USA der Täuschung von US- und kalifornischen Abgastestern schuldig bekannt. Das Unternehmen zahlte 4,3 Milliarden Dollar an strafrechtlichen und zivilrechtlichen Bußgeldern und akzeptierte die Ernennung eines ehemaligen Bundesstaatsanwalts, der die Einhaltung der Vorschriften und ethischen Standards des Unternehmens drei Jahre lang überwacht.
Zwei ehemalige VW-Ingenieure, James Liang, 63, und Oliver Schmidt, 48, - beide deutsche Staatsbürger - haben sich schuldig bekannt, an der Verschwörung beteiligt gewesen zu sein. Sie verbüßen Gefängnisstrafen von dreieinhalb und sieben Jahren in den USA. Sechs weitere VW-Mitarbeiter wurden angeklagt, aber nicht festgenommen. Auch die deutschen Behörden bereiten sich darauf vor, VW-Führungskräfte anzuklagen.
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