Werbung

Vordenker des Ökosozialismus

Zum Tode von Joel Kovel

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass Joel Kovel in Deutschland weitgehend unbekannt war, lag daran, dass seine späteren Bücher nicht mehr übersetzt wurden. Was wiederum damit zusammenhängt, dass die sozialistische Linke sich in Deutschland wenig für die ökologische Frage interessierte - und die Grünen, bis auf eine Phase in den 1970er Jahren, nicht für den Sozialismus.

Wie man beides jedoch zusammenbringt, das zeigte Joel Kovel. 2001 veröffentlichte er zusammen mit dem marxistischen Soziologen und Philosophen Michael Löwy das »Internationale ökosozialistische Manifest«. In diesem hieß es: »Die ökologischen und gesellschaftlichen Krisen hängen organisch miteinander zusammen und sind nur der jeweils unterschiedliche Ausdruck derselben strukturellen Kräfte.« Die Umweltkrise sei im Wesentlichen durch die kontinuierliche Zunahme der Industrialisierung bedingt, die zur Zerstörung der Natur und ihrer Regenerationsfähigkeit führe. »Und die gesellschaftspolitischen Krisen sind Folge der imperialistischen Globalisierung, die alles niederwalzt, was sich ihr in den Weg stellt.«

Als Ausweg aus diesem destruktiven Weg schlugen die beiden den Ökosozialismus vor. Dieser solle die Wege und das Ziel der sozialistischen Produktionsweise in einem ökologischen Rahmen neu definieren. Weder Kargheit, Rigorismus oder Zwang hatte die beiden Autoren im Blick, sondern die Beachtung der Grenzen des Wachstums für eine dauerhafte Gesellschaft.

Was in dem Manifest agitatorisch daherkam, sollte Kovel ein Jahr später theoretisch en détail ausarbeiten. Sein Buch »The Enemy of Nature«, 2007 aktualisiert erschienen, wurde ein Muss für Sozialisten, Grüne und alle, die sich mit der Umweltzerstörung beschäftigen. Neben Autoren wie James O’Connor, Paul Burkett und John Bellamy Foster wurde Kovel ein wichtiger Vertreter des Ökomarxismus, der im angelsächsischen Raum eine viel bedeutendere Rolle spielt als hierzulande. Mit O’Connor gab Kovel zudem die einflussreiche ökosozialistische Zeitschrift »Capitalism Nature Socialism« heraus.

Den Weg zum politischen Aktivismus fand der 1936 als Sohn jüdischer Emigranten in Brooklyn geborene Kovel während des Vietnamkriegs. Er begann, sich mit dem Marxismus zu beschäftigen. 1985 gab er deshalb seine Tätigkeit als Mediziner und Psychiater auf. Von da an engagierte er sich auch in der Umweltbewegung, kurz war er bei den Grünen in den USA aktiv, kritisierte diese aber später als zu sehr im kapitalistischen Denken verankert. Im Jahr 2000 forderte er - erfolglos - Ralph Nader bei den Wahlen zu den US-Präsidentschaftskandidaten heraus.

Am 30. April ist Joel Kovel mit 81 Jahren in New York verstorben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.