Commerzbank geht auf Kundenfang
Das im Zuge der Finanzkrise teilverstaatlichte Kreditinstitut verdiente vergangenes Jahr unterm Strich 156 Millionen Euro
Die Commerzbank hat der Deutschen Bank den Rang abgelaufen: Sie bleibt weitere fünf Jahre »Premium-Partner« des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). »Das ist großartig«, jubelt Uwe Hellmann, Leiter des Marken-Management. Der neue, üppiger dotierte Vertrag - die Commerzbank arbeitet seit 2008 mit dem DFB zusammen - beginnt 2019. Die Commerzbank wird zukünftig die Frauenauswahl, ein Nachwuchsförderprogramm und die im Bau befindliche Akademie in Frankfurt finanziell unterstützen - im Gegenzug wird der Sponsor mit dem Fußballverband werben. Mit im Rennen war nach Angaben des Sportinfodienstes »Sponsors« auch die Deutsche Bank. Die hat ihr Interesse allerdings nie öffentlich bestätigt.
Auch sonst zieht die Commerzbank an Deutschlands größtem Kreditinstitut vorbei. Die Deutsche Bank folgt dem Branchentrend und will die Zahl ihrer Filialen auf rund 500 drastisch reduzieren. Es geht um weniger Kosten, ohne allzu viele Kunden zu verschrecken. Dagegen geht die Commerzbank in die Offensive und setzt auf ein größeres Netz von 1000 Filialen. »Über die bekommen wir die meisten neuen Kunden«, warb der Vorstand auf der Hauptversammlung am Dienstag.
Im Herbst 2016 hatte der neue Vorstandsvorsitzende Martin Zielke ein neues Spiel angepfiffen: »Commerzbank 4.0«. Bis 2020 will er zwei Millionen neue Kunden gewinnen. Im vergangenen Jahr waren es bereits über 500 000. Zielke liegt damit über seinem eigenen Plan. 2017 hat die Bank unterm Strich dennoch nur 156 Millionen Euro verdient.
Angelockt werden die neuen Kontoinhaber durch aggressive Werbemaßnahmen wie einem Begrüßungsgeld und ein kostenloses Girokonto. Dies kostet erst einmal Geld und lastet - wie die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank - auf dem Gewinn. Dies geht zu Lasten der Aktionäre, die seit der Finanzkrise nur einmal eine Dividende ausbezahlt bekamen.
Weiterhin bleibt die im Jahre 1870 gegründete Commerzbank für viele die große Unbekannte. Dabei ist die »Coba« eine der führenden Universalbanken für private und gewerbliche Kunden: International agiert sie in 50 Ländern und wickelt rund 30 Prozent des deutschen Außenhandels ab. Mit mehr als 60 000 Firmenkunden ist sie »Marktführer im deutschen Firmenkundengeschäft«, schreiben die Analysten der NordLB. Vor allem im exportorientierten Mittelstand, den »heimlichen Champions« der Globalisierung, gilt die Bank als Nummer eins.
Noch immer hat sich die Commerzbank nicht von der Finanzkrise soweit erholt, dass der Bund seine Beteiligung ganz verkaufen will. 2009 hatte der Staat im Zuge einer Rettungsaktion 25 Prozent plus eine Aktie übernommen und besitzt damit eine Sperrminorität. Bis heute konnte die Coba das »Kainsmal« der teilverstaatlichten Bank nicht loswerden. Noch immer hält der Bund über 15 Prozent.
Trotz Bundesbeteiligung sollen die Beschäftigten die Zeche zahlen. Vorstandschef Zielke will nicht nur die Einnahmen durch Millionen an zusätzlichen Kunden erhöhen, sondern auch die Kosten senken. Mit der Kundenoffensive kündigte er gleichzeitig an, insgesamt 9600 Vollzeitstellen zu streichen und 80 Prozent der Geschäftsprozesse zu digitalisieren. Sein Ziel: Eine einfachere und effizientere Bank, die langfristig mehr Gewinn abwirft. »Mit den Arbeitnehmervertretern haben wir uns auf einen sozial verträglichen Stellenabbau geeinigt«, sagte Zielke in der Frankfurter Messe. Konter muss er also nur noch von alternativen Aktionären fürchten.
Beim Klimaschutz »sind andere Finanzinstitute weiter«, kritisierte Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. So unterstütze die Bank die Kohleexpansion in Polen. Laut der niederländischen Friedensorganisation PAX macht die Bank zudem Geschäfte mit sieben Atomwaffenproduzenten. Für seinen Antrag, Zielke nicht zu entlasten, erhielt Dufner allerdings wie üblich nur wenige Stimmen.
Droht der Commerzbank dennoch das Aus? Seit langem tauchen regelmäßig Fusionsgerüchte auf. Aktuell halten Beobachter Cerberus für die treibende Kraft dahinter: Der US-Investor ist Großaktionär bei der Commerzbank und steht kurz davor, die HSH Nordbank zu übernehmen. Die bisher öffentliche Landesbank wird derzeit privatisiert.
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