- Politik
- Eskalation im Nahen Osten
Israel greift iranische Ziele in Syrien an
23 Menschen sollen bei Luftangriffen getötet worden sein / Merkel und Macron rufen zur Deeskalation auf
Tel Aviv/Damaskus. Der Konflikt zwischen Israel und Iran ist in der Nacht zum Donnerstag erneut eskaliert. Iranische Streitkräfte griffen erstmals von Syrien aus israelische Militärposten an, wie der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus mitteilte. 20 Raketen hätten die Quds-Brigaden, die Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, auf die Golanhöhen abgefeuert. Israels Luftwaffe habe daraufhin Dutzende iranische Militärziele in Syrien angegriffen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London berichtete, dass dabei 23 Menschen getötet wurden.
Die Quds-Brigaden hätten Raketen des Typs Grad und Fadschr-5 eingesetzt, sagte der israelische Armeesprecher. »Wir sehen diese iranische Attacke auf Israel als sehr schwerwiegend an.« Keine der auf die Golanhöhen abgefeuerten Raketen habe ihr Ziel getroffen. Mehrere seien von der israelischen Raketenabwehr abgefangen worden. Es habe auch keine israelischen Opfer gegeben.
Die israelischen Luftangriffe in Syrien gehörten zu den »größten, die Israels Armee gegen iranische Ziele unternommen hat«. Man habe dem iranischen Militär schweren Schaden zugefügt. Es seien Einrichtungen des Geheimdienstes, der Logistik, Militärposten, Lagerräume und Spähposten getroffen worden. Man habe auch das Gefährt zerstört, von dem aus die Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert wurden. Es habe sich in 30 bis 40 Kilometern Entfernung von Damaskus befunden.
Die syrische Luftabwehr habe israelische Flugzeuge beschossen, aber nicht getroffen. »Wir haben die Syrer gewarnt, sich nicht einzumischen, aber sie haben es trotzdem getan.« Israel sei »auf verschiedene Szenarien vorbereitet«, sagte Conricus. »Wir sind nicht an einer Eskalation interessiert, aber weitere Versuche, Israel zu attackieren, werden eine schwerwiegende Reaktion zur Folge haben.« Man habe Russland vor dem Angriff in Syrien informiert.
Die Angriffe erfolgten einen Tag nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit Iran. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Mittwoch auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin besucht. Dieser hatte angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen Israel und Iran zu einer Lösung des Konflikts aufgerufen.
Mit Hinweis auf Warnungen vor einem iranischen Angriff von Syrien aus hatte Israels Armee schon am Dienstag Reservisten mobilisiert. Die Armee hatte zudem Ortschaften auf den Golanhöhen angewiesen, die Luftschutzbunker zu öffnen. Israel hatte die Golanhöhen 1967 erobert und später annektiert. Die Armee wies die Einwohner der Golanhöhen am Donnerstag an, ihrer normalen Routine nachzugehen. Schulen und Kindergärten blieben geöffnet.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, bei den israelischen Angriffen seien unter anderem Einheiten der Luftverteidigung, eine Radarstation und ein Munitionslager getroffen worden. Syriens Luftabwehr schoss demnach Dutzende israelische Raketen ab. Die meisten hätten ihr Ziel nicht erreicht, berichtete Sana.
Auch in der Nacht zuvor wurde ein mutmaßlicher israelischer Raketenangriff auf Ziele in Syrien gemeldet. Dabei kamen nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 15 Menschen ums Leben. Der Angriff habe einem Waffenlager der iranischen Revolutionsgarden gegolten.
Angesichts der zugespitzten Lage im Nahen Osten haben Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel nach französischen Angaben zur Deeskalation aufgerufen. Macron und Merkel hätten in Aachen miteinander gesprochen und sich besorgt gezeigt, verlautete aus Kreisen des Élyséepalastes mit Blick auf die Militärschläge in Syrien.
Das Auswärtige Amt kritisierte die iranischen Angriffe auf Twitter scharf: »Dies Angriffe sind eine schwere Provokation, die wir auf das Schärfste verurteilen. Israel hat, das haben wir immer betont, ein Recht auf Selbstverteidigung.«
Teheran ist neben Russland und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah wichtigster Verbündeter des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad. Iran hat nach israelischen Angaben in den vergangenen Monaten seine militärische Präsenz im Land weiter ausgebaut. Israel wird für Luftangriffe in Syrien verantwortlich gemacht, bei der auch Iraner getötet wurden. Teheran drohte mit Vergeltung. dpa/nd
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