»Werde Teil der Anti-Abschiebe-Industrie«

In der Geflüchtetenhilfe engagierte Menschen wehren sich gegen die Vorwürfe von Alexander Dobrindt

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwölf Tage ist es her, dass ein Polizeigroßeinsatz in der Landesaufnahmeeinrichtung Ellwangen die Diskussion über Asyl in Deutschland hochkochen ließ. Die Polizei wollte am 30. April einen Togolesen aus der Geflüchtetenunterkunft abholen und zum Flughafen bringen. Das ist nicht passiert. Die Polizei behauptete, die Geflüchteten hätten die geplante Abschiebung gewalttätig verhindert. Es war eine Steilvorlage für Politiker von AfD bis CSU. Das Monster des drohenden Staatszerfalles wurde in den leuchtendsten Farben an die Wand gemalt. Auf dem Höhepunkt dieser Diskussion sagte CSU-Politiker Alexander Dobrindt, er sehe in Deutschland eine »aggressive Anti-Abschiebe-Industrie« am Werk.

»Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird«, sagte Dobrindt der »Bild am Sonntag«. Der CSU-Politiker sah den »gesellschaftlichen Frieden« gefährdet durch Menschen, die Geflüchtete unterstützen und sie bei Beschwerden gegen abgelehnte Asylanträge beraten.

Genau diese, von Dobrindt attackierten, Menschen greifen jetzt in die Debatte ein. Unter dem Motto »Ich bin Teil der Anti-Abschiebe-Industrie« zeigen Menschen, die sich für Geflüchtete engagieren, am Freitagabend in den sozialen Medien Gesicht. Sie wollen sich der »völkisch-nationalistischen Rhetorik der Dobrindts und Seehofers auf dieser Welt in den Weg stellen«, wie Franziska Meier die Aktion gegenüber »nd« begründet. Politiker würden Geschehnisse wie in Ellwangen für »ihre rassistischen Argumentationen instrumentalisieren«, meint die Aktivistin.

Mit diesem Bekentnis wollen Aktivisten gegen Dobrindt mobil machen
Mit diesem Bekentnis wollen Aktivisten gegen Dobrindt mobil machen

Die Aktion richtet sich gegen die Diffamierung von Menschen, die sich gegen Abschiebungen und für Geflüchtete einsetzen. »Eine ganze Gruppe von Menschen soll außerhalb des Rechts gestellt werden – Anwältinnen und Anwälte, die die gerichtliche Überprüfung behördlicher Eingriffe betreiben, werden diffamiert – das ist der Aufruf zum Feindrecht«, so drastisch bewertet die stellvertretende Vorsitzende des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälte Verein e.V. , Rechtsanwältin Franziska Nedelmann, den Vorstoß von Dobrindt.

Für Franziska Meier sind die Vorfälle in Ellwangen gar nicht so ungewöhnlich. »Ellwangen ist kein Einzelfall«, sagt sie. Ziviler Ungehorsam gegen eine unverhältnismäßig agierende Polizei sei legitim, meint sie.

Die Polizei war nach der Aktion in die Kritik geraten, da sie behauptete, die Abschiebung wäre »gewaltvoll« verhindert worden. In einer Stellungnahme von Geflüchteten in Ellwangen stellten diese klar, dass ihr Protest »zu jedem Zeitpunkt friedlich« verlief. »Vorwürfe, jemand sei gegen die Polizei mit Gewalt vorgegangen, sind falsch und haben sich auch nicht bestätigt«, schreiben die Geflüchteten. Auch eine »taz«-Recherche unterstützt diese Aussage.

Die Geflüchteten aus Ellwangen verstehen nicht, warum deutsche Medien sie nicht eher zu den Vorfällen befragt haben: »Viel wurde in den letzten Tagen über uns geredet. Niemand hat uns nach unserer Meinung gefragt«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.