In die Röhre geschaut
Europaparlament bekommt keine Antworten von Facebook-Chef Mark Zuckerberg
Berlin. Was ist der Unterschied zwischen einem guten alten Fernseher und Facebook? Während man bei ersterem nur in die Röhre schaut, kann man beim sozialen Netzwerk alles gleich kommentieren. Ja, es animiert förmlich dazu, sofort seinen Senf dazu zu geben und den anderen gar nicht mehr anzuhören. Mark Zuckerberg hat auf seinem Weg nach Brüssel vermutlich gehofft, dass Diskussionen im Europaparlament mitunter auch so ablaufen und die Abgeordneten dort lieber sich selbst reden hören wollen, als wirkliche Antworten von ihm zu erwarten. Die meisten Beobachter gehen zumindest davon aus, dass er gut aus der Anhörung in Brüssel am Dienstag herausgekommen ist und sich die Abgeordneten blamiert haben.
Dies liegt auch daran, dass sich der 34-jährige Milliardär nach seinem Eingangsstatement, in dem er wenig mehr als ein »Sorry« für den Datenskandal um die Beraterfirma Cambridge Analytica sagte, zurücklehnen und den langen Fragen der Abgeordneten lauschen konnte. Danach nahm er sich natürlich wenig Zeit für Antworten. Manch eine Frage war vielleicht auch nicht ernst gemeint: »Wollen Sie in einem Atemzug mit Steve Jobs oder Bill Gates genannt werden, die Technologien erfunden haben, die unser Leben veränderten, oder als einer, der ein digitales Monster schuf, das unsere Gesellschaft zerstört?«, fragte der liberale Abgeordnete Guy Verhofstadt.
»Das Format der Anhörung hat demokratische Rechenschaftspflicht untergraben«, erklärte folglich der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold auf dem Facebook-Konkurrenten Twitter. Zuckerberg habe arrogant auf alle scharfen Fragen die Antwort verweigert. Für den LINKEN-Bundestagabgeordneten und früheren Europaparlamentarier Fabio De Masi war die Veranstaltung »unwürdig«. Sie offenbare die Probleme des Europaparlaments. nd Seite 9
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.