- Berlin
- Rassismus bei KFC?
»Ich mag Berlin, aber das war nicht in Ordnung«
Interview mit Kelon Pierre, der in Berlin aus dem Fast Food Restaurant KFC geworfen wurde.
Was ist am letzten Montag passiert, wie kam es zu dem Rauswurf bei KFC?
Wir waren beim Karneval der Kulturen und sind am Ende des Wochenendes, bevor wir wieder nach London zurückgeflogen sind, zu KFC gegangen – so wie wir das immer machen. Es ist quasi eine Art Tradition vor dem Rückflug, wir lieben einfach scharfe Chicken Wings und KFC. Wir waren drei Frauen und vier Männer und haben Essen im Wert von rund 180 Euro bestellt. Auf unseren Handys haben wir Karnevalsvideos vom Wochenende geschaut, gegessen, geredet und gelacht, so wie andere Menschen in dem Fast Food Restaurant auch.
Nach kurzer Zeit kam ein KFC-Mitarbeiter zu uns und hat gesagt, dass wir ruhiger sein sollen. In einem Restaurant würde ich das verstehen, aber das war eine KFC-Filale. Wir haben dann darauf geachtet, weniger Lärm zu machen.
Ich habe mich aber auch gefragt, warum hat er das nur zu uns gesagt. Also bin ich zu dem Mitarbeiter hin, ich glaube es war der Filialleiter, und habe ihm genau diese Frage gestellt. Da hat er dann mit der Polizei gedroht und ich habe gesagt, ok, rufen sie die Polizei.
Was passierte dann?
Die Beamten kamen kurz danach rein und haben gleich sehr aggressiv gesagt: »Ihr müsst jetzt gehen«. Deswegen habe ich einer Freundin gesagt, sie soll alles filmen, weil ich Angst hatte, dass das alles aus dem Ruder läuft. Sie wissen doch, in den USA tragen Polizisten Body-Cams, um Einsätze aufzuzeichnen. Handyvideos haben dafür gesorgt, dass Fehlverhalten dokumentiert wurde, genau das wollte ich auch.
Ich wusste nicht, dass das Filmen von Polizisten in Deutschland verboten ist. Die Beamten haben überhaupt keine normale Polizeiarbeit gemacht, also wie man sowas halt macht: nämlich auch auf der anderen Seite nachfragen, was diese zu sagen hat. Ich war die letzten vier Jahre zum Karneval in Berlin, aber das ist mir noch nie passiert. Versteht mich nicht falsch, ich mag Berlin, aber das war nicht in Ordnung.
Haben sie sich schon einmal auf einer ihrer Reisen diskriminiert gefühlt, oder Rassismus erlebt?
Nein, noch nie. Und so würde ich den Fall auch eher nicht so einordnen. Ich weiß, meine Bekannte, die das Video des Rauswurfs gepostet hat, sieht das anders. Ich sehe es eher als einen Fall von Fehlverhalten der Polizei, also eher in der Kategorie Polizeigewalt. Ich war zum Beispiel vor einigen Wochen mit meiner Familie im Urlaub in Portugal und da wurden wir nicht anders behandelt, wie die anderen Touristen. Die Mitarbeiter von KFC müssen besser geschult werden im Umgang mit solchen Situationen oder Konflikten. So kann man seine Kunden nicht behandeln, deswegen werde ich KFC wegen dem Vorfall verklagen.
Lesen Sie auch: Rauswurf wegen schwarzer Hautfarbe? – Kritiker: Bei schwarzen Menschen wird mit »unterschiedlichen Maßstäben gemessen«
Das Video des Rauswurfs hat sich ja im Internet, vor allem auf Facebook, rasant verbreitet. Was denken Sie zeigt das und die Diskussion in den Kommentaren?
Wissen sie, ich bin schon etwas älter, ich habe gar kein Facebook. Aber ich habe die Diskussion trotzdem ein bisschen mitbekommen. Ich denke, viele Menschen haben ähnliche Erfahrungen gemacht und dieses Video zeigt Dinge, die sie auch erlebt haben, aber nicht filmen konnten. Daher stammt die Wut und große Anteilnahme der karibischen Community.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!