- Berlin
- Späth’sche Baumschule
BSR bittet Baumschule zur Kasse
Wegen Straßenreinigungsgebühren muss Treptower Unternehmen Bestände schreddern
»Es war nie mein Ziel, der Totengräber zu sein«, sagt Holger Zahn. Noch ist er es nicht. Stattdessen sichert er Arbeitsplätze, plant Umzüge, sucht neue Standorte, lässt 30 000 Bäume und Sträucher schreddern. »Wir müssen uns komplett neu aufstellen.« Doch wenn die Forderung bestehen bleibt, dass die Späth’sche Baumschule, deren Geschäftsführer er ist, nachträglich 85 000 Euro für Straßenreinigungsgebühren zahlen muss, »dann muss ich den Laden zumachen«.
Am Hauptstandort führt die Späthstraße vorbei, eine Fernverkehrsstraße. Für diese fallen keine Straßenreinigungskosten an. Das Grundstück im Treptower Stadtteil Baumschulenweg grenzt außerdem an Königsheide- und Ligusterweg. Die Eigentümerin, die Baumschulen Berlin Baumschulenweg GmbH, zahlt hier die üblichen Straßenreinigungsgebühren, 6000 Euro pro Jahr. Die Kosten gibt sie weiter an die Pächterin, die Baumschule. Das nicht zu tun, wäre für Zahn »absurd«.
Vor eineinhalb Jahren meldete sich die Berliner Stadtreinigung (BSR). 2004 war die Alte Späthbrücke zwischen Treptow und Neukölln geschlossen, dafür etwas weiter nördlich die Anna-Nemitz-Brücke eröffnet worden. Über diese läuft seitdem die Neue Späthstraße - einerseits Zufahrtsstraße zur neuen Autobahnauffahrt, andererseits verbindet sie nun an neuer Stelle die Späthstraße zwischen den beiden Bezirken. Das neue Straßenstück gilt als Anliegerstraße. Deshalb fallen hier Straßenreinigungsgebühren an.
300 Meter entlang des neuen Verbindungsstücks erstreckt sich eines der Grundstücke der Baumschule. Rund zwölf Hektar Land liegen dahinter. Der BSR war aufgefallen, dass die Baumschule dafür bislang keine Straßenreinigungsgebühren bezahlte. 17 000 Euro sind das pro Jahr. Sie forderte den Eigentümer auf, auch für die vergangenen drei Jahre die Gebühren nachzahlen. Alle weiteren Forderungen seien verjährt.
Doch selbst die 17 000 Euro sind für die Baumschule, ein 50-Personen-Betrieb, zu viel. Laut Zahn bedeuteten sie etwa ein Drittel des Jahresumsatzes, den die Baumschule auf der zwölf Hektar großen Produktionsfläche hätte erwirtschaften können. Müsste er außerdem rückwirkend die mittlerweile angelaufenen 85 000 Euro in Raten zahlen, »blieben noch etwa 60 Prozent des Umsatzes, um die Löhne und das Material zu zahlen«. Das sei nicht zu machen.
Zahn führte daher in den vergangenen eineinhalb Jahren Gespräche mit Vertretern der BSR, der Senatsverwaltung für Wirtschaft, versuchte, eine Härtefallregelung durchzusetzen. Auch die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr wurde eingeschaltet. Ohne Erfolg. »Dann soll Berlin einfach sagen, dass sie keinen Gartenbau wollen«, sagt Zahn.
Aus Sicht der BSR kann sie gar nicht anders, als die Gebühr einzutreiben. Das Recht sei eindeutig: Für Anliegerstraßen fallen nun einmal Gebühren an, und Baumschulen sind nicht, wie landwirtschaftliche Betriebe, von dieser Pflicht befreit. Die BSR habe alle Möglichkeiten geprüft, sagt Sprecherin Sabine Thümler. Einfach eine Ausnahme machen könne die BSR nicht - und die Kosten fielen schließlich an. »Wir müssen ja alle gleich behandeln.« Dass die BSR erst 2016 auf das Säumnis aufmerksam wurde, erklärt Thümler damit, dass der Eigentümer ihr das Grundstück nicht genannt habe.
Chef der Eigentümergesellschaft ist seit 2013 Christoph Rechberg. »Ich bin nicht einmal auf die Idee gekommen, dass ich für die 300 Meter Gebühren zahlen müsste«, sagt er. Schließlich sei die Späthstraße östlich und westlich davon auch ausgenommen. Zahn sagt, die Gärtner der Baumschule hätten die Neue Späthstraße nicht einmal genutzt, um auf das Gelände zu kommen. Die Zufahrt liege in der alten Späthstraße.
Auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) habe sich für die Baumschule eingesetzt, heißt es aus ihrer Senatsverwaltung. Die Forderung sei aber rechtlich richtig, und nachträglich sei daher nichts mehr zu machen, sagt ihre Sprecherin Svenja Fritz. Für die Zukunft wünscht sich Pop eine Neuregelung. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus bemüht sich um eine Gesetzänderung, um Baumschulen mit landwirtschaftlichen Betrieben gleichzustellen.
Für Zahn ist das kein Hoffnungsschimmer mehr. Er hat bereits im Oktober 2016 aufgehört, neue Bäume auf dem Grundstück zu pflanzen. Im Herbst 2017 beschloss er, alle Bäume schreddern zu lassen. Das Gelände ist mittlerweile an einen Bauern verpachtet, Zahn sucht neue Flächen im Brandenburger Umland.
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