Aufstand der Abgedrängten

Anhänger von Südafrikas Ex-Präsident Jacob Zuma wollen neue Partei, um ANC unter Druck zu setzen

  • Christian Selz, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

Südafrikas Afrikanischen Nationalkongress (ANC) ist im Abwind. Der könnte sich vor den Parlamentswahlen im kommenden Jahr verschärfen. Eine Gruppe von Unterstützern des im Februar auf Druck der eigenen Partei zurückgetretenen Ex-Präsidenten Jacob Zuma hat angekündigt, eine neue Partei gründen zu wollen. Ihr erklärtes Ziel: Den ANC für die De-facto-Absetzung Zumas zu bestrafen und das Regierungslager so um die absolute Mehrheit zu bringen. Einen Namen für die neue Formation gibt es auch bereits: African Transformation Congress (ATC) - eine Melange aus ANC und jener radikalen Transformation der Wirtschaft, die Zuma sich auf die Fahnen geschrieben hatte.

Dass der ehemalige Staatschef unter Transformation keinesfalls einen Bruch mit dem bestehenden System zugunsten der Armen versteht, hatte er dabei schon zu Amtszeiten durchblicken lassen. Zumas Ziel war stets die Förderung schwarzer Unternehmer, seine Anhänger trachten nach einem Stück des Kuchens vom »Weißen Monopolkapital«. Ein Blick auf die Verteilung von Land, Chefposten bei börsennotierten Unternehmen oder generell Vermögen und Einkommen offenbart zwar, dass Reichtum in Südafrika auch knapp ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Apartheid noch überproportional weiß ist. Doch die Antwort des Zuma-Lagers darauf ist keine der Umverteilung von Reichtum, sondern lediglich der Versuch, selbst Teil dieser Elite zu werden.

Entsprechend deutlich will auch die nun vor der Gründung stehende ATC Klientelpolitik betreiben. Das Bündnis, das sich vor allem aus religiösen Organisationen, einigen Unternehmerverbänden, traditionellen ethnischen Autoritäten und den einflussreichen Minibus-Taxi-Assoziationen zusammensetzt, will vor allem konservativ-religiöse Werte, schwarze Geschäftsleute und das Zulu-Königshaus stärken. Besonders deutlich wird die Stoßrichtung in der Landfrage. Während der ANC gerade den Prozess zu einer Verfassungsänderung zugunsten entschädigungsloser Enteignungen angestoßen hat, um die Bodenreform zu beschleunigen, fordert das Zuma-Lager nun eine entscheidende Ausnahme: Anstatt auch das Land des Zulu-Monarchen an Kleinbauern zu verteilen, wie es in der Regierung diskutiert wird, fordern die ATC-Protagonisten Enteignungen weißer Farmer zugunsten traditioneller Königshäuser.

Zuma selbst hat sich bisher nicht öffentlich auf die Seite seiner Anhänger geschlagen, sich aber auch nicht von dem Projekt distanziert. Er nutzt den Vorstoß, der bei einer Gebetsveranstaltung ihm zu Ehren in der vergangenen Woche in seinem Heimatort Nkandla bekannt gemacht wurde, jedoch eindeutig, um Druck auf den ANC aufzubauen. Denn die ATC-Akteure haben durchaus politische Schlagkraft. Allein die religiösen Gruppen sollen nach Angaben der Wochenzeitung »Mail & Guardian« 6,8 Millionen Mitglieder haben - bei einer Landesbevölkerung von etwa 55 Millionen Menschen. Und die Minibus-Taxis stellen in Südafrika das wichtigste quasi-öffentliche Verkehrsmittel dar, knapp zwei Drittel der Pendler sind täglich auf sie angewiesen. Streiken sie, steht das Land still.

Für den ANC, der bereits bei den Kommunalwahlen 2016 landesweit nur noch knapp seine absolute Mehrheit behaupten konnte und etliche Metropolen an die Opposition verlor, wäre die Parteineugründung damit eine ernsthafte Gefahr, erstmals seit den ersten freien Wahlen 1994 unter die 50-Prozent-Marke zu rutschen. Zumas Anhänger, die innerhalb der Partei seit dessen Demission kaltgestellt sind, nutzen diese Situation, um sich selbst wieder ins Spiel zu bringen. Und der Ex-Präsident kann so deutlich machen, dass er gefährlich ist, wenn er vollkommen fallengelassen wird. Die Drohgebärde kommt zur passenden Zeit: Am Freitag muss Zuma wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht erscheinen.

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