- Politik
- Rechtsradikales Tatmotiv?
Kritik an Gutachten über Münchner Amokläufer
Rechtsextremismusforscher hatten Attacke von Juli 2016 am Olympiazentrum als rechtsradikal eingestuft / Darstellung des LKA sei politisch motiviert
München. Ein neues Gutachten des Landeskriminalamts (LKA) in Bayern, laut dem der Münchner Amokläufer von Juli 2016 kein rechtsextremes Motiv hatte, sorgt für Kritik. Einer der früheren Gutachter, der Politikwissenschaftler Florian Hartleb, entgegnet der neuen Einschätzung: »Aus meiner Perspektive ist das herrschende Narrativ eines unpolitischen Amoklaufs sehr falsch.« Die Tat sei eindeutig ein rechtsextremes Attentat gewesen. Die Darstellung des LKA sei politisch motiviert, »um die politische Debatte nicht zu führen, weil sich Bayern als Vorzeigeland gegen Extremismus und Terrorismus geriert«, sagte Hartleb.
Im Juli 2016 hatte David S. neun Menschen am Olympiaeinkaufszentrum (OEZ) erschossen. Die neue Expertise besagt, »dass die Tat nicht als rechtsextrem zu bewerten ist, sondern sich als Amoklauf darstellt«, so ein LKA-Sprecher am Freitag. Zuvor hatten »Süddeutsche Zeitung« und WDR darüber berichtet.
Das Gutachten würde damit drei anderen, die Rechtsextremismusforscher 2017 im Auftrag der Stadt München erstellt hatten, widersprechen. Erst im März hatte das Bundesamt für Justiz in Bonn die Tat als extremistisch eingestuft.
Wie die Tat am OEZ einzustufen ist, spielt unter anderem bei finanziellen Ansprüchen von Verletzten und Hinterbliebenen eine Rolle. Zudem ist es für viele Opferfamilien wichtig, dass die Tat als ausländerfeindlich anerkannt wird. Der Großteil der Toten hatte einen Migrationshintergrund.
Bereits im April sei das Gutachten hinter verschlossenen Türen vorgestellt worden, sagte der LKA-Sprecher. Es fließe jetzt in die endgültige Bewertung des Motivs durch Staatsanwaltschaft, Innenministerium und LKA ein. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.