- Politik
- Rückzieher von Donald Trump
G7-Gipfel mündet in historischem Debakel
Trump entzieht Gipfelerklärung wegen Handelsstreits nachträglich Unterstützung
Der G7-Gipfel von Kanada ist zu einem Fiasko historischen Ausmaßes geworden. Kurz nach Ende der Tagung entzog US-Präsident Donald Trump am Samstag wegen der fortdauernden Handelskonflikte der bereits einvernehmlich von allen Teilnehmern verabschiedeten Gipfelerklärung die Unterstützung. Er begründete dies damit, dass Kanada weiter Gegenzölle auf die vom US-Präsidenten verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium plant.
Er habe die Vertreter der USA angewiesen, »das Kommuniqué nicht zu unterstützen«, schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter, nachdem er bereits vom Gipfelort abgeflogen war. Er drohte erneut mit Strafzöllen auf Autos. Zudem griff Trump den kanadischen Regierungschef Justin Trudeau persönlich an. Dessen Verhalten sei »sehr unehrlich und schwach«.
Trumps nachträgliche Aufkündigung der Gipfelerklärung stellt einen beispiellosen Affront in der mehr als 40-jährigen Geschichte der G7-Staatengruppe dar. Das Kommuniqué war in mühseligen Verhandlungen erst kurz vor Abschluss des Gipfels fertiggestellt und in seinen handelspolitischen Teilen auch von der US-Delegation mitgetragen worden.
In der Erklärung bekannten sich die sieben Industrienationen zu einem »freien«, »fairen« und »regelbasierten« Handelssystem und sagten dem Protektionismus den Kampf an. Verschiedene Gipfelteilnehmer machten aber kein Hehl daraus, dass durch das Kommuniqué der handelspolitische Streit mit den USA nicht ausgeräumt werden konnte.
Gastgeber Trudeau erklärte in seiner Abschluss-Pressekonferenz: »Kanadier sind höflich und vernünftig, aber wir lassen uns auch nicht herumschubsen.« Der kanadische Premier kritisierte erneut, dass Trump seine Strafzölle mit nationalen Sicherheitsinteressen begründet - das US-Militär soll nicht von ausländischen Metallen abhängig sein.
Diese Argumentation sei »beleidigend« für kanadische Veteranen, die in zahlreichen militärischen Konflikten an der Seite der USA gestanden hätten, sagte Trudeau. Er bekräftigte, an den schon vor dem Gipfel angekündigten Gegenzöllen auf US-Produkte festzuhalten. Kanada werde zum 1. Juli Zölle im gleichen Volumen erheben wie jene, welche die USA »ungerechtfertigt auf uns angewendet haben«. Auch die EU bereitet Vergeltungszölle zum 1. Juli vor.
Von Bord der Präsidentenmaschine Air Force One servierte Trump die Retourkutsche. »Aufgrund von Justins falschen Aussagen in seiner Pressekonferenz und der Tatsache, dass Kanadas unsere Farmer, Arbeiter und Unternehmen mit massiven Zöllen belastet, habe ich unsere US-Vertreter angewiesen, das Kommuniqué nicht zu unterstützen«, twitterte Trump.
Der US-Präsident hatte den Gipfel in der Provinz Québec vorzeitig verlassen, um zu seinem Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un am Dienstag in Singapur weiterzureisen. In seinen Twitter-Botschaften kritisierte Trump, dass sich Trudeau während des Gipfels noch »zahm und mild« verhalten habe, um dann hinterher sein Verhalten zu ändern.
Das Büro des kanadischen Premiers erklärte zu diesen Anschuldigungen, Trudeau habe in seiner Pressekonferenz nichts Anderes gesagt als zuvor - »sowohl öffentlich als auch in privaten Gesprächen mit dem Präsidenten«. Die kanadische Regierung sei fokussiert »auf alles, was wir hier beim G7-Gipfel erreicht haben«, hieß es in einem Statement auf Twitter.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befand sich zum Zeitpunkt von Trumps Abkehr von der G7-Erklärung bereits auf dem Rückflug nach Berlin. Sie hatte vor ihrer Abreise eingeräumt, dass durch das Abschlusskommuniqué der Dissens mit den USA in Handelsfragen »nicht aus der Welt« geschaffen und weitere »Diskussionen« notwendig seien. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.