- Politik
- Wahlkampf in der Türkei
Erdogan fordertert schnellen Prozess für Demirtas
Inhaftierter Politiker der prokurdischen HDP: »Sie wollen eine Gesellschaft der Angst schaffen und durch Angst regieren« / Demirtas tritt aus Gefängnis zur Präsidentschaftswahl an
Istanbul. Der inhaftierte türkische Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtas soll nach Worten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan zügig vor Gericht gestellt werden. »Dieser Mann sitzt derzeit in Untersuchungshaft, oder? Ja, er ist eingesperrt. Ehrlich gesagt muss die Justiz ihre Entscheidung so schnell wie möglich treffen«, forderter Erdogan bei einer Veranstaltung.
Demirtas ist der Chef der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) und tritt für die Partei als Präsidentschaftskandidat an. Er sitzt unter anderem wegen des Vorwurfs »terroristischer« Aktivitäten seit November 2016 in Untersuchungshaft. Ihm drohen mehr als 142 Jahre Haft.
Verschiedene politische Gegner Erdogans haben eine Freilassung von Demirtas gefordert, damit er am Wahlkampf für die vorgezogenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 24. Juni teilnehmen kann. Erdogan reagierte auf solche Forderungen mit den Worten: »Seine Partei macht Wahlkampf für ihn, das ist mehr als er verdient.« Aus der Menschenmenge der Unterstützer Erdogans war der Ruf »Todesstrafe« zu hören.
Demirtas reagierte über den Kurzbotschaftendienst Twitter auf die zunehmenden Verbalattacken Erdogans und sprach von »verachtenswerten Verleumdungen«. Er warf in einer fünfminütigen Ansprache aus dem Gefängnis dem Staatspräsident vor, die Türkei in ein »Freiluftgefängnis« verwandelt zu haben. Sich selbst bezeichnete Demirtas »politische Geisel«.
Die Audiobotschaft wurde bei dem wöchentlichen Telefongespräch mit seiner Ehefrau Basak aufgenommen, auf das Demirtas als Häftling Anspruch hat. »Sie wollen eine Gesellschaft der Angst schaffen und durch Angst regieren«, sagte Demirtas in der Rede über die türkische Regierung. Die Wähler sollten aber »Vertrauen in sich selbst« haben. Das Staatsfernsehen sowie die privaten Nachrichtensender in der Türkei ignorieren die HDP und Demirtas fast vollständig. AFP/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.