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Wildschwein im Visier

Bundesregierung hat Maßnahmenkatalog gegen Afrikanische Schweinepest vorgelegt

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 4 Min.

Für die neue Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) könnte sie zu einer Bewährungsprobe werden: Die Afrikanische Schweinepest, kurz ASP. Die Virusinfektion wurde in Polen in diesem Jahr bereits in neun Betrieben festgestellt - das staatliche Veterinäramt bestätigte einen weiteren Fall in einem Großbetrieb in der polnischen Woiwodschaft Podlaskie an der Grenze zu Belarus. In Deutschland sind bisher keine Fälle bekannt. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann ASP in Deutschland ankommt. Die für den Menschen ungefährliche, bei Schweinen aber tödlich verlaufende Krankheit breitet sich seit Jahren über Osteuropa Richtung Westen aus. Das Virus wird direkt über Tierkontakte oder indirekt, etwa über Fleisch oder Wurst von infizierten Tieren übertragen.

»Es besteht nach wie vor die Gefahr, dass die Krankheit eingeschleppt wird. Dies hätte, neben den Auswirkungen auf die Tiere, schwere wirtschaftliche Folgen«, erklärte Klöckner bei der Vorstellung des nun abgestimmten Maßnahmenplans. Sie setze generell auf Aufklärung, so die Landwirtschaftsministerin. »Wenn es aber zu einem Ausbruch kommt, müssen wir schnell und effektiv reagieren können, damit sich die Tierseuche nicht ausbreitet.«

Hierfür hat das Kabinett das Tiergesundheitsgesetz angepasst. Im Wesentlichen beinhalten die Maßnahmen Absperrungen und Umzäunungen eines betroffenen Gebiets. Zudem kann der Personen- und Fahrzeugverkehr eingeschränkt werden. Möglich ist auch die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen einzuschränken - etwa mit einem Ernteverbot. Damit soll die Auswanderung von Wildschweinen verhindert werden, die sich besonders gerne in den riesigen Mais- und Rapsfeldern aufhalten. Im Falle eines Ausbruchs der Krankheit darf zudem Gras, Heu und Stroh aus einem gefährdeten Gebiet nicht mehr verfüttert werden.

Gleichzeitig geht es den Wildschweinen weiter an den Kragen. Bereits im Frühjahr wurde die Schonzeit für Schwarzwild aufgehoben. Um die Jagd zu vereinfachen, haben Jäger und Bauern in diesem Jahr aufgerufen, Bejagungsschneisen im Mais anzulegen - Landwirten ist die Ausbreitung seit Jahren ein Dorn im Auge. Die Bundesregierung hat nun verfügt, dass eine Bejagung zukünftig auch ohne die zuständigen Revierbeauftragten angeordnet werden kann.

Tierärzte und Tierschützer, aber auch Jagdverbände warnen aber davor, unkontrolliert in Jagdfieber auszubrechen. Nachdem die Wildscheinjagd jahrelang vernachlässigt wurde, greife politischer Aktionismus um sich, kritisierte der Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung, Hilmar Freiherr von Münchhausen, im Interview mit der »Zeit«. »Keine Schonzeiten mehr, Jagen mit künstlichen Lichtquellen auch zur Nachtzeit, Abschussprämien. Sogar über große Lebendfallen, sogenannte Saufänge wird diskutiert«. Das habe nicht mehr viel mit Jagd zu tun, sondern ähnele der Schädlingsbekämpfung. Auch Tierärzte warnen, ASP als Ausrede zu nutzen, »Gebote des Tierschutzes und der Waidgerechtigkeit zu missachten«, so die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz.

Dabei - so der Landesjagdverband Baden-Württemberg - hat die Jagd auf Wildschweine grundsätzlich keinen Einfluss darauf, ob die Seuche in Deutschland ausbricht. Denn der maßgebliche Überträger bleibt der Mensch, der das Virus über Lebensmittel oder kontaminierte Fahrzeuge verschleppt. Auch das Friedrich-Loeffler-Institut des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit verweist darauf, dass das Risiko eher durch unachtsamen Umgang steigt.

Dänemark indes will an der Grenze zu Deutschland einen 70 Kilometer langen und 1,5 Meter hohen Grenzzaun gegen Wildschweine bauen. Die liberal-konservative Regierung will damit die heimische Schweinezucht schützen. Laut Umweltministerium exportierten dänische Landwirtschaftsbetriebe im Jahr 2016 Schweine für umgerechnet rund vier Milliarden Euro. »Das spielt eine wichtige Rolle für unsere Wohlfahrtsgesellschaft und für Arbeitsplätze in Dänemark«, sagte Umweltminister Jakob Ellemann-Jensen gegenüber der Deutschen Presseagentur. Sollte der Schweinepest-Erreger auf dänische Bestände übertragen werden, müssten alle Ausfuhren in nicht EU-Länder gestoppt werden. Damit fiele ein großer Teil des Exports unmittelbar weg. Zehn Millionen Euro soll der neue Grenzzaun kosten. Zusätzlich führen die Dänen deutlich höhere Geldbußen ein, wenn Tiertransporter mangelhaft gereinigt oder illegal Lebensmittelreste verfüttert werden. Außerdem werden auch in Dänemark mehr Wildschweine gejagt.

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