Faustgroße Hagelkörner, gesperrte Straßen
Besonders der Süden Deutschlands wird seit Tagen immer wieder von Unwettern heimgesucht
Berlin. Blitzeinschläge, dicke Hagelkörner, überschwemmte Straßen: Schwere Unwetter haben erneut die Rettungskräfte in Süddeutschland in der Nacht zum Dienstag stark gefordert. Aus der Oberpfalz meldete die Polizei faustgroße Hagelkörner, viele Dächer und Fahrzeuge wurden beschädigt. In Franken wurden Straßen und Keller überschwemmt. In Regensburg setzte ein Blitz einen Dachstuhl in Brand.
In Baden-Württemberg war besonders die Region südlich und westlich von Stuttgart betroffen. Der Hauptbahnhof von Reutlingen musste zeitweise wegen Überflutung gesperrt werden. Ein Baukran wurde unterspült, vom Wasser betroffene Baustromverteiler verursachten einen Stromausfall. Auch für Dienstag rechneten die Experten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit vereinzelten Gewittern und Starkregen, wieder im Süden.
Große Aufregung herrschte in der Nacht zum Dienstag in Würzburg wegen eines qualmenden Lastwagens. Der Lkw hatte das Industrieabfallprodukt Salzschlacke geladen und war am Straßenrand geparkt. Bei Starkregen begann die Ladung zu dampfen - ein laut Polizei völlig normaler und harmloser Vorgang. Die von Anwohnern gerufene Feuerwehr konnte wieder abziehen. Salzschlacke sei kein Gefahrgut, betonte der Sprecher.
Bereits am Tag zuvor waren schwere Unwetter über Süd- und Mitteldeutschland gezogen. Sintflutartiger Regen ließ in Südhessen zahlreiche Keller volllaufen. Auch das Saarland wurde in den letzten Tagen immer wieder von Unwettern heimgesucht. In Rheinland-Pfalz sind durch den Starkregen laut Landesamt für Umwelt einige Nebenflüsse angeschwollen. »Das war schon extrem für diese Jahreszeit«, hieß es. Weil der Regen aber nur lokal und nicht flächendeckend gefallen sei, komme es in den Hauptflüssen nicht zu Hochwasserständen. In Kaiserslautern sprach die Stadt vom »größten Unwettereinsatz« seit mehr als 25 Jahren, auch Bitburg war stark betroffen.
Im südthüringischen Meinigen bemühte man sich, die unmittelbaren Unwetterschäden vom Wochenende zu beseitigen. Dort stand zeitweise die Innenstadt unter Wasser, Straßen waren für Autos teils nicht mehr passierbar. Nach DWD-Angaben kamen in der Stadt binnen einer Stunde 56 Liter Wasser pro Quadratmeter vom Himmel. Wegen eines umgestürzten Baumes, der auf einer Stromleitung lag, musste eine Straße über Stunden gesperrt werden. Auch das Abwassersystem in der Stadt war laut Polizei wegen der großen Niederschlagsmengen teils überlastet - das Wasser drückte Gullydeckel hoch und flutete Straßen. Am Dienstag hatte sich die Situation weitgehend normalisiert.
In Sachsen wurde die zeitweilige Sperrung der Autobahn 14 zwischen Döbeln-Ost und Nossen-Nord vom Sonntag zum Thema, es war bereits die zweite Sperrung wegen Überflutung seit Monatsanfang. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) erklärte auf dpa-Anfrage, es sei nicht vorgesehen, Änderungen an der Dimension der Entwässerungsanlagen vorzunehmen. Diese sei regelkonform und im Normalfall mehr als ausreichend. Am Sonntagabend hatte die A14 unweit des Rastplatzes Hansens Holz in Richtung Dresden zeitweise gesperrt werden müssen. Starkregen hatte Schlamm und Wasser auf die Fahrbahn gespült. Der Polizei zufolge hatten sich bereits vier Unfälle ereignet.
Laut Lasuv wird die Dimensionierung der Entwässerungsleitungen bei den Planungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Region mit durchschnittlich zu erwartenden Mengen berechnet. Solche Wassermassen in kurzer Zeit wie am 1. Juni mit 80 Litern pro Quadratmeter könne ohnehin keine Entwässerung aufnehmen, sagte eine Sprecherin. Dennoch soll es im betroffenen Abschnitt an der Grenze der Landkreise Mittelsachsen und Meißen demnächst Bauarbeiten geben. Die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei hatten bei den Aufräumarbeiten festgestellt, dass die Entwässerungsleitungen für deren Unterhaltung und Reinigung ungünstig angeordnet sind.
Erst am Wochenende hatte es erneut schwere Unwetter im Vogtland sowie in der Oberlausitz gegeben. In Erlbach nahe Markneukirchen an der deutsch-tschechischen Grenze fielen innerhalb von zwei Stunden 67 Liter Regen pro Quadratmeter, wie der DWD in Leipzig mitteilte. In Hähnichen wurden innerhalb von zwei Stunden 62 Liter Regen pro Qua- dratmeter gemessen. Es sei auffällig, dass es immer wieder nur punktuell zu solch gewaltigen Mengen komme, sagte ein DWD-Sprecher. Es sei leider nicht vorhersagbar, welche Orte es treffe. dpa/nd
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