Saar-Minister: Flickenteppich muss weg
Länder sollen endlich über Hygiene-Verstöße bei Lebensmitteln informieren
Saarbrücken. Die Bundesländer sollten rasch und einheitlich Verbraucher über eklatante Verstöße von Unternehmen gegen das Lebensmittelrecht informieren. Dies sagte der Vorsitzende der Konferenz der Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern, Saarlands Ressortchef Reinhold Jost (SPD), in Saarbrücken. Die Minister beraten am Donnerstag und Freitag unter anderem über die Konsequenzen aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht hatte im März entschieden, dass Verbraucher ein Recht darauf haben, über Hygiene- und Produktmängel beispielsweise von Restaurants oder Lebensmittelproduzenten informiert zu werden.
»Das, was wir jetzt erreicht haben mit dem Urteil, ist ein Meilenstein«, sagte Jost der dpa. Nun sei es wichtig, eine »möglichst einheitliche Vorgehensweise« für alle Bundesländer sicherzustellen. »Wir wollen keinen Flickenteppich.« Das Saarland habe bereits sein Landesamt für Verbraucherschutz angewiesen, »sofort wieder mit der Benennung von Verstößen« zu beginnen. »Ich wäre froh, wenn viele andere unserem Beispiel folgen würden.«
Die Bundesländer hatten wegen der juristischen Klärung vor dem Bundesverfassungsgericht die Veröffentlichung von schwerwiegenden Verstößen, die bei amtlichen Kontrollen zutage traten, vorübergehend ausgesetzt. Das Saarland hatte als letzte Landesbehörde Ende 2016 aufgehört. »Jetzt haben wir grundsätzlich Rechtssicherheit«, sagte Jost. Das Gericht verlangte in seinem Urteil von dem Gesetzgeber noch, bis Ende April 2019 die Dauer der Veröffentlichung zu regeln. »Das wollen wir jetzt schnell auf den Weg bringen«, sagte Jost.
Der Geschäftsführer der Verbraucherorganisation Foodwatch, Martin Rücker, betonte in Berlin: »Die Länder dürfen nicht nur veröffentlichen, sie müssen es.« Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass das Recht der Verbraucher auf Informationen, um selbstbestimmt Kaufentscheidungen zu treffen, Verfassungsrang habe. Das bisherige »Schweigekartell« der Länder sei rechtswidrig gewesen. Auch rückwirkend müssten nun Verstöße veröffentlicht werden, die bisher nicht bekannt gemacht worden seien.
Rücker kritisierte, dass ein Gesetzentwurf des Bundesernährungsministeriums zur Umsetzung des Karlsruher Urteils eine Löschung nach sechs Monaten vorsehe: »Das ist ein wirkliches Geschenk an die Unternehmen. Sechs Monate ist eine deutlich zu kurze Frist.« Foodwatch sei für eine Löschung nach frühestens fünf Jahren. »Fünf Jahre, das ist Quatsch«, sagte hingegen der derzeitige Vorsitzende der Verbraucherschutzminister, Jost. Ein Zeitraum von drei Monaten reiche völlig aus: »Mir ist immer wichtig, dass man es praktikabel, nachvollziehbar, transparent und rechtssicher macht.« Wichtig sei auch, dass man auch die Beseitigung von Mängeln veröffentliche.
»Niemand hat ein Interesse daran, etwas unter den Teppich zu kehren«, sagte der saarländische Minister. »Das ist ein heilsames Druckmittel für die Strolche, die sich nicht daran halten«, formulierte er unter Bezug auf die bestehenden Vorschriften für Lebens- und Futtermittel. dpa/nd
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