»Aquarius« kommt heil in Valencia an
Spanien nimmt Flüchtlinge bereitwillig auf
Die Helfer waren in der Überzahl. 2300 Freiwillige, Beamte und Polizisten warteten im Mittelmeerhafen von Valencia auf die 629 Flüchtlinge, die an Bord des Rettungsschiffes »Aquarius« und zweier Boote der italienischen Marine nach Spanien kamen. Sie waren vor Tagen von der »Aquarius« aus Seenot zwischen Libyen und Italien gerettet worden. Spaniens neuer Regierungschef Pedro Sánchez zeigt Mitgefühl und politischen Mut und ordnete die Aufnahme der Flüchtlinge, darunter mehr als 100 Minderjährige, an.
Um 10.30 Uhr am Sonntagvormittag glitt die rote Aquarius mit ihren weißen Aufbauten bei glatter See und strahlender Sonne in den Hafen von Valencia, bugsiert von einem ebenso roten Lotsenboot und eskortiert von einem Polizeiboot der Guardia Civil zur See. Hubschrauber kreisten über der Szene, die meisten von der Polizei, aber auch einige von den Medien. Das Schiff machte dort fest, wo sonst die Übersee-Segelregatten gestartet werden. Obwohl die von der Hilfsorganisation SOS Mediterrané gecharterte »Aquarius« nur 106 der geretteten Flüchtlinge an Bord hatte, richteten sich alle Augen auf sie. Denn mit ihrer Rettungsaktion vor knapp zwei Wochen hatte das Drama begonnen. Schon vier Stunden zuvor, kurz nach Sonnenaufgang um 6.33 Uhr, war das italienische Schiff L. Dattilo mit 136 Flüchtlingen in Valencia angekommen.
Die Ankömmlinge wurden medizinisch untersucht - eine Frau mit einem Neugeborenen war unter ihnen -, dann erkennungsdienstlich erfasst. Die spanische Polizei glich die Daten mit Interpol ab, aus Sicherheitsgründen, um das Einschleusen von Terroristen zu verhindern. Alle Flüchtlinge bekamen sofort eine auf zunächst 45 Tage befristete Aufenthaltserlaubnis für Spanien.
Während sich die Helfer um die angekommenen Menschen kümmerten, blieben in Andalusien die lokalen und regionalen Behörden auf sich gestellt. Dort waren am Freitag und Samstag 969 Flüchtlinge mit Booten von der nordafrikanischen Küste nach Spanien gekommen. Sie wurden von der Guardia Civil del Mar aus ihren »Pateras« genannten Booten geholt und in Tarifa, Motril, Algeciras und Almeria an Land gebracht. Einen solchen Zustrom über die Meerenge von Gibraltar und das Mittelmeer zwischen Marokko und Spanien in so kurzer Zeit hatte es hier zuletzt 2014 gegeben. Damals entschuldigte sich Marokko in Madrid, es habe eine Panne bei der Küstenüberwachung gegeben. Beide Staaten arbeiten beim Kampf gegen die Schlepper auf den Routen von Nordafrika nach Südeuropa sehr eng zusammen. Zu dem Ansturm hat Marokko bisher geschwiegen. Ein Grund für das Anschwellen der Fluchtboote - insgesamt 69 - könnte der Feiertag Eid al Fitr sein, das Fastenbrechen nach dem Ramadan, bei dem in Marokko alles schließt, was schließen kann - anscheinend auch manche Polizeiposten.
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