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Die demokratische Alternative

Jürgen Maier vom Netzwerk Gerechter Welthandel über TTIP, CETA und Trump

  • Lesedauer: 4 Min.

Wie bilanzieren Sie die Aktionskonferenz vom Wochenende und den Stand der Bewegung?

Die Beteiligung übertraf unsere Erwartungen. In der Öffentlichkeit finden wir breite Zustimmung. Nur eine kleine Minderheit will noch mehr Globalisierung in der Landwirtschaft, noch mehr Ungleichheit, noch mehr Abbau von Arbeitnehmerrechten. Der Druck für eine neue Wirtschafts- und Außenwirtschaftspolitik ist da.

2016 gingen Hunderttausende gegen Freihandelsabkommen auf die Straße. Zuletzt entstand der Eindruck, US-Präsident Donald Trump habe TTIP gestoppt.

Der Eindruck trügt. Unser Druck hat längst vor Trumps Ankündigung bewirkt, dass sich am Verhandlungstisch nichts mehr bewegte. Die von den USA und der EU geplanten Deals etwa bei Lebensmittelstandards oder Schiedsgerichten kamen nicht zustande. Der Prozess ist faktisch gescheitert, übrigens auch in den USA. Dort ging es nicht um Chlorhühnchen, sondern um die unpopuläre Öffnung der öffentlichen Beschaffung für europäische Konzerne. Das CETA-Abkommen mit Kanada hängt aber noch in der Luft. Wird in einem einzigen EU-Mitgliedsstaat die Ratifizierung gestoppt, so ist das ganze Projekt geplatzt.

Was wollen Sie mit dem Aktionstag gegen CETA am 29. September erreichen?

Wir haben Verfassungsklagen eingereicht. Sollte das Bundesverfassungsgericht CETA für rechtmäßig erklären, steht die Ratifizierung in Bundestag und Bundestag an. Wir werden wohl CETA im Bundestag nicht verhindern können, aber im Bundesrat hat die Große Koalition keine Mehrheit. Hier können Länder, in denen Grüne und LINKE mitregieren, in der Summe CETA per Nein oder Enthaltung blockieren. Darauf arbeiten wir hin. Im Oktober wird in Bayern und Hessen gewählt. Hessen ist schwarz-grün regiert. In Bayern wird die CSU wohl bald einen Koalitionspartner suchen müssen.

Die LINKE regiert in Berlin, Brandenburg und Thüringen mit. Wie ist dort die Resonanz?

In Berlin ist die Resonanz am stärksten, dort ist die Zivilgesellschaft etwas aktiver als in Brandenburg oder Thüringen. Noch spannender ist das Abstimmungsverhalten der Grünen. Die von ihnen getragenen Regierungen in Baden-Württemberg und Hamburg sind bisher eher auf Pro-CETA-Kurs. Das wollen wir ändern.

Angesichts der öffentlichen Debatte könnte man derzeit meinen, dass die Welt nur vor der Alternative Protektionismus oder neoliberaler Freihandel stünde.

Das ist eine Scheinalternative. Auch Trump ist kein Protektionist. Er will mehr exportieren und verlangt von Europa niedrigere Einfuhrzölle. Ihm stößt auf, dass Deutschland große Handelsbilanzüberschüsse mit den USA hat. Dass hätte er gerne andersrum. Daher sein »America first«. Die deutsche Handelspolitik lautet unausgesprochen »Germany first«.

Deutsche Konzerne mit ihrer Exportoffensive werden nicht freiwillig auf ein nachhaltiges Wirtschaften umsteigen. Wie wollen Sie Ihre Ziele durchsetzen?

Indem wir der Politik klarmachen, dass sie Wählerstimmen verlieren, wenn sie weiterhin Politik für Konzerne und gegen die Mehrheit der Menschen machen. Wir sind doch nicht dazu da, in alle Welt Fleisch zu exportieren und dazu aus Südamerika große Mengen Soja zu importieren. Das dient einzig und allein dem Profit weniger.

2019 wird ein neues EU-Parlament gewählt. Wollen Sie in den Wahlkampf eingreifen?

Das EU-Parlament hat bisher relativ kritiklos die Freihandelsabkommen von Regierungen und EU-Kommission abgenickt. Wir verlangen von den Kandidaten ein klares Bekenntnis gegen diese neoliberale Handelspolitik.

Neben CETA sind derzeit aber noch andere Freihandelsabkommen geplant.

Die sind ähnlich gestrickt. Die Afrika-Abkommen werden derzeit übrigens von den Afrikanern aufgehalten, weil Nigeria und Tansania sie nicht ratifizieren wollen. Das EU-Japan-Abkommen (JEFTA) ist genauso schädlich wie CETA. Und viele andere Abkommen befinden sich in der Pipeline - etwa mit Südamerika, Tunesien, Marokko, den Philippinen, Indonesien, Indien, Australien oder Neuseeland.

Wie sehen Sie die aktuellen Debatten über Migration und Asyl?

Handelspolitik ist eine wesentliche Migrationsursache. Besonders in Afrika zerstören europäische Agrarexporte die Existenzgrundlage von Kleinbauern, die dann notgedrungen woanders eine neue wirtschaftliche Grundlage suchen. Deshalb muss diese Agrarpolitik aufhören. Es kann nicht sein, dass sich unsere Regierung von früh bis spät über Flüchtlinge unterhält, aber nicht willens ist, die Fluchtursachen abzustellen, auf die sie direkten Einfluss hat - vor allem die Agrarexportpolitik.

Könnte Ihr Engagement den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln nehmen?

Absolut. Wir stehen für die demokratische Alternative zum Neoliberalismus. Die Rechtspopulisten stehen für die undemokratische Alternative. Es ist kein Zufall, dass die rechte FPÖ in Österreich 2017 im Wahlkampf versprach, CETA zu stoppen. Und jetzt hat sie es als Regierungspartei in der Koalition durchgewunken. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.

Welche Handelspolitik wäre aus Ihrer Sicht gerecht?

In Wirklichkeit ist die Globalisierung zu weit gegangen. Wir brauchen eine neue Balance zwischen regionalen und globalen Märkten. Weltmärkte machen Sinn, wenn wir über Smartphones reden. Weltmärkte sind Unsinn, wenn wir etwa über Milch reden. Milch hat nur in regionalen Märkten einen Sinn. Wir wollen einen Welthandel, der der Mehrheit der Menschen etwas bringt, der der Umwelt nützt, der nicht mehr Verlierer als Gewinner kennt. Wir brauchen eine neue Handelspolitik und nicht eine, die »Globalisierung über alles« ruft.

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